Bei der Strafzumessung spielen sehr viele Gesichtspunkte eine Rolle, nicht nur einer.
Es kommt zwar auch darauf an, wie schwer die Tat war, aber nicht nur. Strafzumessung ist immer individuell. Bei der Strafzumessung ist nicht nur die Schwere der Tat zu berücksichtigen, sondern auch, inwieweit die Tat dem Täter nach seiner persönlichen Veranlagung und Reife individuell vorwerfbar ist, mit welcher kriminellen Energie er gehandelt hat, ob und inwieweit man davon ausgehen kann, dass er sich bessern und in Zukunft keine Straftaten mehr begehen wird u.v.a.m. . Dabei spielt u.a. eine Rolle, ob der Täter geständig war, ob er im Nachhinein Reue gezeigt hat, ob er (wo es geht) versucht hat, den Schaden wieder gutzumachen, ob er bereits einschlägig vorbestraft war etc.
Auch ist keine Tat wie die andere. Mord kann auf ganz verschiedene Arten und Weisen begangen werden.
Strafzumessung ist keine mathematische Gleichung nach dem Motto:
Totschlag: Immer 12 Jahre, Diebstahl: immer Geldstrafe von Höhe von soundsoviel Tagessätzen, Raub mit Todesfolge: immer 10 Jahre. etc. So läuft das nicht. Mit einer Schablone kann man im Strafrecht nicht arbeiten. Auch nicht bei schweren Verbrechen.
Wenn Täter A wegen Mordes nicht bestraft wird, weil er zum Tatzeitpunkt noch nicht strafmündig ist, oder wenn Täterin B nach Jugendstrafrecht mit 10 Jahren Jugendhaft bestraft wird, weil sie zum Tatzeitpunkt noch nicht volljährig bzw. sog. Heranwachsende (noch nicht 21) ist, während die 25-jährige Täterin C wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt wird, dann ist das keine Wertung des Gesetzgebers, die Taten von A und B seien weniger schlimm. Es bedeutet auch nicht, dass der Staat das Leben der von A und B Getöteten für geringwertiger oder weniger schützenswert hält als das Leben des von C getöteten Menschen.
Vielmehr will der Gesetzgeber damit dem Umstand Rechnung tragen, dass Kinder bzw. Jugendliche, manchmal auch Heranwachsene (18 bis 20-Jährige), noch nicht dieselbe Reife besitzen wie ein Erwachsener und das Unrecht der Tat noch nicht wie ein Erwachsener in seiner vollen Tragweite einsehen können. Sie können ihr Verhalten auch noch nicht in demselben Maße steuern, wie ein Erwachsener es kann. Von einem Erwachsenen kann man ein höheres Maß an Selbstbeherrschung erwarten.
Nicht zuletzt ist mit dem Verzicht auf eine Strafe im Sinne des Strafrechts (Kinder) bzw. mit der Verhängung einer milderen Strafe (Jugendstrafrecht) die Vorstellung verbunden, dass Menschen in dem Alter noch erziehbar sind, und zwar am besten durch andere Maßnahmen als Gefängnisstrafen Es bestünde dann eine höhere Wahrscheinlichkeit als bei einer Aburteilung nach Erwachsenenstrafrecht, dass sie nicht mehr straffällig werden. Wenn eine Resozialisierung auf diese Weise eher gelingt, dient das auch den Interessen der Allgemeinheit. Man will Kindern und Jugendlichen auch nicht dieselben Haftbedingungen zumuten wie einem Erwachsenen, da damit die Gefahr einhergeht, dass sich ihre Kriminalität eher noch verfestigt.
Hinzu kommt, dass das Erwachsenenstrafrecht zum einen vom Sühnegedanken, zum anderen vom Resozialisierungsgedanken geprägt ist. Daher steht im Erwachsenenstrafrecht die Strafe im Vordergrund. Das Jugendstrafrecht wird dagegen vom Erziehungsgedanken beherrscht, weil man von jungen Menschen noch nicht dieselbe intellektuelle und sittliche Reife erwarten kann wie von einem Erwachsenen. Daher stehen hier andere Maßnahmen (z.B. das Ableisten von Arbeitsstunden in einer sozialen Einrichtung) im Vordergrund. Jugendhaft kommt nur in besonders krassen Fällen in Betracht. Selbst bei Mord dürfen nicht mehr als 10 Jahre Jugendhaft verhängt werden.