Die dort kritisch genannten Kliniken wurden daraufhin ja auch untersucht,
Zumindestens im ersten Bericht wurde die Klinik aufgrund eines Medienberichts über
Zwangsmaßnahmen untersucht.
Als Mitglied einer Besuchskommission in Deutschland muss ich leider sagen, was Thomas Maier dort berichtet, ist nicht ungewöhnlich für die Psychiatrie. Ich kenne die Gesetze in der Schweiz nicht. in Deutschland aber sollten Zwangsmaßnahmen das absolut letzte Mittel sein. Die Realität sieht anders aus - eben ähnlich wie in diesem Bericht.
und die jeweiligen Abschlussberichte bestätigen ganz klar erhebliche Missstände hinsichtlich der Professionalität einiger dort tätiger Fachpersonen und der zur Anwendung gekommenen Therapiekonzepte. Mittlerweile wurden auch entsprechende personelle und organisatorische Änderungen vorgenommen.
Welche Qualifikation hat Thomas Maier, um die Qualität zu beurteilen. Lese ich Kapitel 4.3.4 bin ich mir ob seiner Kenntnisse zum Thema DID nicht so sicher.
4.3.4Dissoziative Identitätsstörung; rituelleGewalt/anhaltender Täterkontakt In derAmbulanz derKDA unter Leitung von _______________ ist ab 2018 bis ins Frühjahr 2022 ein Team von Ärztinnen und Psychologinnen tätig gewesen, das zu unkritischdie Diagnose der«dissoziativen Identitätsstörung»(DID,gemäss ICD-10: F44.81) verwendet hat.
Das ist seine persönliche Meinung, die er aufgrund der Aktenlage getroffen hat - auf dem Hintergrund, dass er die Diagnose in Frage stellt und grundsätzlich davon ausgeht, dass ritueller Missbrauch Verschörungsmythen sind.
Die Diagnose DID ist fachlich umstritten und selbst im diagnostischen Handbuch zur ICD-10 wird grösste Zurückhaltung beiderDiagnosestellung empfohlen.
Was er sagt, ist schlicht falsch. Die Diagnose DID ist nicht umstritten. Sie wurde durch bildgegebende Verfahren nachgewiesen und kein ernstzunehmender Psychiater macht heute noch eine solche Aussage. Das ist der Stand von vor 20 Jahren.
Er ist offensichtlich ein verdienter Psychiater für die Themen Folter und Kriegsfolgen, aber das macht ihn noch nicht zu einem Experten für die DID.
Es wird im ICD-10 auch darauf hingewiesen, dass es sich dabei möglicherweise um eine iatrogene Störung handelt (d.h. durch dieBehandler hervorgerufen).
Wo steht das denn?
Es gibt keine Studien, die das nachweisen. Kann man sogar bei Wikipedia nachlesen.
Aktuell gilt übrigens das IDC-11 und hier wurde die Diagnose nicht in Frage gestellt sondern weiter verfeinert. Es ist eine komplexe Störung mit Unterkategorien.
DieseDiagnose ist — wenn es sie überhaupt gibt — sehr selten.
Genauso selten wie Borderline - wenn es Borderline denn überhaupt gibt, oder was will er mit seiner Aussage ausdrücken?
Um eine so komplexe DIS zu entwickeln, ist schweres, sich wiederholendes Trauma in den ersten fünf bis sechs Lebensjahren eines Menschen nötig. Unter diesen Umständen finde ich eine Prozentzahl von 1-3 Prozent eher zu viel als zu selten.
Sie«tritt» grundsätzlich nur bei Patienten auf,die inintensiven, langjährigen Therapiesettings
Das hängt unter anderem damit zusammen, dass die Patient*innen sehr lange von einem Arzt zum anderen irren, bevor die Diagnose gestellt werden kann. Es ist ein Teil des Krankheitsbildes, dass die einzelnen Persönlichkeiten sich eben nicht einfach mal so im Außen zeigen.
Wenn es in bestimmten Gegenden und um bestimmte Institutionen eine Häufung von Patienten mit dieser Diagnose gibt, dann liegt das eindeutig an den lokalen Therapeuten und nicht an den Patienten.
Gibt es dazu Statistiken? Ich habe noch nie gehört, dass es irgendwo Cluster von DID-Patienten gibt.
Und wenn muss das nicht zwangsläufig an den lokalen Therapeuten liegen. Das kann auch andere Gründe haben. Eine solche Aussage halte ich für fachlich fraglich.
Es entsteht der Eindruck, dass der Glaube an raffinierte Tätergruppen die feste Überzeugung einer «Schule» von Therapeutinnen ist. Diese Überzeugung hat unverkennbar Elemente einer Verschwörungstheorie, denn sie wird je nach Kontext verleugnet, verschwiegen oder zumindest verharmlost. (...)
Ich würde erwarten, dass ein Psychiater in der Lage ist, weitere Informationen einzuholen und sich nicht aufgrund eines Eindrucks eine Meinung bildet. Wenn ich auf eine geschlossene Station gehe, habe ich auch Eindrücke, aber die versuche ich doch mit Fakten zu hinterlegen. Gerade auch dann, wenn es um die Karriere von Menschen geht.
Spannend finde ich die Aussage "der Glaube an raffinierte Tätergruppen". ist er ernsthaft der Meinung, dass es keine raffinierte Täter gibt?
Mich würde auch interessieren, welche unverkennbaren Elemente meint er denn? Das mag schon alles befremdlich klingen und man mag sich eigentlich nicht damit auseinander setzen, dass es Menschen gibt, die Kinder im Rahmen von Ritualen missbrauchen und töten. Das ist mir schon klar. Das macht es aber nicht automatisch zu einem Verschwörungsmythos. Man muss sich doch weiter damit auseinander setzen, als nur bis zur eigenen Meinung. Vor allem dann, wenn es um die Karriere von Kollegen geht.
So schienen zwar die Behandlungen dieser Patientinnen in der KDA heroisch und engagiert, waren aber in Tat und Wahrheit dysfunktional und trugen zur Aufrechterhaltung der Störung bei.
Er macht zwar die Aussage, zeigt aber im folgenden nicht wirklich auf, wie die Störung aufrecht erhalten wird. Dass keine schnellen Fortschritte gemacht werden, Patient*innen oft über Jahre suizidgefährdet sind, ist ja nun kein Beweis, dass die Therapie dysfunktional ist.
Wer sich mit dem Thema auskennt, weiß eigentlich auch, dass hin und wieder eine Krisenintervention tatsächlich nicht ausreichend, aber durchaus notwendig ist. Mir ist das zu schwammig, was er von sich gibt.
Die Behandlungen von Patientinnen mit DID in der KDA zwischen 2018 und 2022 waren fachlich gesehen schlecht und in Bezug auf eine nachhaltige Entwicklung weitgehend wirkungslos, wenn nicht sogar schädlich.
Dafür liefert er aber leider nach meinem Empfinden keine Beweise und für mich äußert er hier lediglich seine Meinung - die Meinung eines Psychiaters, der die Diagnose DID insgesamt in Frage stellt.
Ich sage mal was aus der Boderline Sicht heraus. Es gibt eine Menge Forschung und hilfreiche Ansätze. Und wenn man an Fachpersonal mit entsprechendem Fachwissen gerät, hat man tatsächlich Aussicht, dass es einem besser geht, manche Patient*innen gelten als genesen. Trotzdem wird im therapeutischen Setting immer noch sehr viel Unsinn mit der Diagnose betrieben. Die Stigmatisierung ist hoch. Selbst auf reinen Borderline-Stationen wird mit alten Konzepten gearbeitet, wo ich mir nur denke "das kann doch nicht wahr sein!". Ich habe grundsätzlich nicht das Gefühl, in der Richtung bedingungslos allen Psychiatern oder Therapeuten vertrauen zu können.
Bei der DID ist es noch krasser, vor allem natürlich bei so schweren Ausprägungen, wie es bei rituellem Missbrauch der Fall ist. Mich wundert also der Bericht nicht. Aber basierend auf meiner 20-jährigen Beschäftigung mit dem Thema DID halte beide Berichte für nicht seriös. Bei mir wirft das zu viele Fragen auf. Und wenn man von vornherein davon ausgeht, dass man Verschwörungsmythen findet, dann findet man sie auch.