Ich bin seit ungefähr 4 Monaten mit meinem Freund zusammen. Er ist nur leider die meist gehasste Person in unserem Umfeld.
Er hat vor ein paar Jahren eine Straftat begangen, für die er nicht verurteilt wurde. Die meisten sind der Meinung, dass es das falsche Urteil war und er in den Knast gehört. Er ist für alle nur noch der Verbrecher.
Er steht jetzt auch immer unter Generalverdacht bei allem. In der Nebenstraße wird eine Oma überfallen, - Er wars. Ein Haus brennt - Er wars. Es wird nebenan eingebrochen, - Er wars. Er war das alles natürlich nicht, aber das ist allen egal. Er ist ja schließlich der Verbrecher und muss jetzt damit rechnen, immer beschuldigt zu werden.
Ich habe mich schon vor 1 Jahr in ihn verliebt, aber genau welchen dieser Situation haben wir ewig nicht zueinander gefunden. Ich wusste, dass es richtig schwierig wird.
Er kommt ganz gut damit klar. Er hat seine Arbeit und ein paar Freunde, die hinter ihm stehen. Die Anschuldigungen gehen trotzdem nicht spurlos an ihm vorbei.
Mein Umfeld ist jetzt total schlimm. Viele haben sich von mir abgewendet. Ich werde jetzt auch oft blöd angemacht. Sogar meinen Eltern werden Nachrichten geschrieben. Ich habe vor kurzem ein Kind verloren, und mir wurde gesagt, dass das ja klar war, denn so jemand wie er sollte niemals Kinder haben.
Ich weiß nicht, wie ich weiter damit umgehen soll. Ich komme aus meinem Umfeld nicht so wirklich raus. Ich wohne in einer WG und habe einen Job, den ich sehr mag. Ich möchte eigentlich nicht weit weg ziehen, und er eigentlich auch nicht. Wir kommen gegen diese Anschuldigungen aber nicht an. Die Leute hören einfach nicht auf und ziehen immer mehr Leute mit rein.
Ich werte die Sache ein wenig anders als die Mehrheit, und vermute dass sich das Verhältnis mit entsprechendem Einsatz doch reparieren lassen würde. Wenn er eine Straftat begangen hat, und freigesprochen wurde, dann bedeutet das nicht, dass er darüber hinaus keine Reue zeigen kann und nicht trotzdem etwas für das oder die Opfer tun könnte. Oder zumindest Empathie für das Misstrauen zeigen..
Eine weitere Verhärtung der Fronten bringt niemandem etwas. Es braucht nun Diplomatie um den leeren Raum zu füllen, in welchem nach dem Freispruch das Misstrauen entsteht, und das geht nur in dem er in kleinen Schritten dem gesamten Umfeld beweist, dass er Vertrauen verdient.
Das Wiederherstellen von Vertrauen passiert nicht von alleine. Wenn ihr wirklich dort wohnen bleiben wollt, dann würde es sich meiner Meinung nach lohnen, offensiv auf die Menschen zuzugehen und das Gespräch zu suchen, angefangen bei den Freunden die sich abgewendet haben.
Versucht es mal mit einer kleinen netten Geste. Einem Brief der Verständnis zeigt und einer Süßigkeit.
Und dann mal mit einer Einladung.
Ich halte diesbezüglich nichts von falschem Stolz.
Im Sturm brechen nämlich die harten Zweige zuerst, während die Biegsamen weiterleben.
Es ist keine Frage von Gewinnen oder Verlieren, sondern von sozialer Interaktion und dem eigenen Bemühen um inneren Frieden, also letztendlich um Selbstfürsorge.
Und noch weniger halte ich von voreiliger Resignation a la
"Es ist so wie es ist und läßt sich nie mehr ändern".
Nie ist ein großes Wort.
Nach meiner Lebenserfahrung läßt sich mehr bewegen, als man zuweilen vermutet.
Es tut mir leid für Euch, dass Ihr das Kind verloren habt.