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Antidepressiva ja oder nein

Hallo ihr, erst mal wieder vielen Dank an alle.

Ja, Günter hat das richtig erfasst, bei mir ist das eigentlich eher ein kann, ich hab depresssive Abschnitte, die ich aber durch viel Ruhe wieder ausgleichen kann, aber auch viele - na ja, ich nenns mal - neutrale Phasen, in denen ich vor mich hinwerkeln kann und alles ist halbwegs gut. Ich bin ja auch schon in Therapie und das hat mir schon viel weitergeholfen. Aber ich hatte ziemliche Vorbehalte, von wegen Modedroge und macht süchtig und was weiß ich nicht alles. Dank Euch weiß ich jetzt, dass man das Zeug auch wieder los werden kann 🙂

Leider hat sich die Frage ob ja oder nein mittlerweile von selbst beantwortet, gestern gings mir so schlecht, dass mein Freund zwei Stunden und viel Überzeugungskraft gebraucht hat, bis er es geschafft hat, dass ich aus diesem blöden Stuhl aufstehe und ins Bett gehe. So schlecht gings mir seit ungefähr 1,5 Jahren nicht mehr. So. Jetzt reichts 🙂
Das habe ich heute mit meiner Psycholgin, bei der ich zum Glück heute nen Termin hatte durchgesprochen und ich geh jetzt zum Psychiater und lass mir auch mal was verschreiben, hoffentlich wird das was, hab immer noch ziemlich Angst davor, weil ich mir irgendwie ziemlich bescheuert vorkomm, dass ich meine Gefühle nicht kontrollieren kann. Kommt wahrscheinlich von früher, in meiner Familie existiert so was wie psychische Krankheiten einfach nicht und man hat sich zu kontrollieren. Aber durchsprechen will ich's auf jeden Fall mal mit nem Arzt.

@Günter: Was heißt denn, Menschen, die nicht gezwungen sind, Antidepressiva zu nehmen, können das wieder absetzen? Meinst Du damit Menschen, bei denen die Depressionen keine körperlichen Ursachen haben?

Viele Grüße,
Grünpflanze
 
Hallo Grünpflaze

@Günter: Was heißt denn, Menschen, die nicht gezwungen sind, Antidepressiva zu nehmen, können das wieder absetzen? Meinst Du damit Menschen, bei denen die Depressionen keine körperlichen Ursachen haben?
Nein, so meinte ich das nicht. Ich wollte nicht einseitig schreiben. Es gibt ja nun auch viele Erkrankungen, die es Menschen unmöglich machen, ein normales Leben zu führen. Ein entfernter Bekannter von mir ist manisch-depressiv. In den Phasen, in denen seine Erkrankung auftritt, ist er fast unberechenbar. Manisch hält er sich für unbesiegbar, depressiv verläßt er das Bett nicht mehr. Das konnte bei ihm mit einem relativ neuen Medikament reguliert werden. Er darf das Medikament halt nie absetzen, weil die Folgen nicht abzusehen wären. Entsprechend mußt Du - mal von möglichen Nebenwirkungen während des Absetzens - damit rechnen, dass es Dir ohne Antidepressiva wieder ähnlich gehen wird, wie jetzt.

Ich selbst gehöre eher in die Kategorie "leichte Depression", oder "Motivationsdefizit", auch wenn sich das für mich manchmal ganz anders anfühlt. Ich weiß, dass ich meine Depressionen sowohl durch mein Verhalten, als auch durch Medikamente beeinflussen kann. Tatsächlich kann ich die chemischen Vorgänge in meinem Gehirn auch durch mein Verhalten beeinflussen (den Serotoninspiegel verändern), genauso, wie ich auf meinen psychischen Zustand mit einem Medikament einwirken kann. Für mich selbst ist eine Trennung in körperliche oder psychische Ursachen also belanglos.

Ich nehme an, da spielt bei Dir auch die Angst eine Rolle, das eine oder andere zu haben, bzw falsch damit umzugehen. Betrachte es doch einfach so, dass Du bei einer leichten Depression Deiner Psyche mit einem Medikament vorspielst, sie hätte gute Erfahrungen gemacht. Und aufgrund dieses Zustands auch in der Lage bist, ihn weiter auszubauen.

Ich habe übrigens vor 19 Tagen angefangen, wieder Johanniskraut einzunehmen. Vielleicht interessiert Dich ja, wie sich das bei mir ausgewirkt hat.

Der Anlass war bei mir, dass ich seit gut einem Monat depressiver geworden bin. Eine dunkle Wolke hing über meinem Leben, und selbst kleine Ereignisse konnten mich aus dem Konzept bringen. Das ging so weit, dass ich mich eine Woche komplett aus der Welt zurückgezogen hatte, alles abgesagt habe, keine Lust hatte, jemanden zu sprechen, noch nicht einmal ins Internet gegangen bin. Die Versuche dagegen anzugehen waren mühsam, und nur vorübergehend erfolgreich. In meiner Sorge, dass das länger anhalten könnte (die Erfahrung habe ich halt), bin ich zu meiner Ärztin gelaufen, und habe mir zur Sicherheit Johanniskraut verschreiben lassen.

Es geht übrigens mehreren Menschen in meinem Umfeld unabhängig voneinander fast zeitgleich ähnlich. Ich nehme an, es hängt mit den Wintermonaten zusammen, in denen denen es dunkel und kalt ist, und man sein Prvatleben mehr nach innen ausrichtet.

15 Tage habe ich keinerlei Wirkungen gespürt, absolut nichts. Wobei sich Johanniskraut ja insgesamt durch wenige Nebenwirkungen auszeichnet. Vor drei Tagen habe ich die ersten Veränderungen wahrgenommen. Und seit zwei Tagen bin ich ganz anders.

Meine wahrgenommenen positiven (Aus)Wirkungen: Ich bin gelassener, unbesorgter, alberner und schneller, mache manche Dinge parallel, was ich sonst nicht hinbekomme. Bin guter Dinge, fast schon etwas euphorisch.

Meine wahrgenommenen negativen (Aus)Wirkungen: Ich muss beim Umgang mit Menschen etwas aufpassen. Ich quatsche schneller dazwischen, bin ungeduldiger. Bin nicht so leicht zu verletzen, entsprechend auch etwas angriffslustiger. Ich kann mich nicht so gut in Menschen hineinversetzen, denen es nicht so gut geht.

Insgesamt fühlt sich mein Zustand noch etwas künstlich an. Wenn man Wohlbefinden/Depression auf Wach/Müde übertragen würde, fühlt es sich etwas an, als wenn ich müde wäre, aber Kaffee getrunken habe, um wach zu bleiben. Ich hoffe, Du verstehst den Vergleich.

Die Wirkung erlebe ich als verblüffend, genauso, wie im vergangenen Jahr. Sie trat ja auch relativ plötzlich ein. Ich weiß aber, dass sich diese Wahrnehmung noch verändern wird. Vor einem Jahr habe ich schon einmal Johanniskraut ausprobiert. Ich habe es damals genauso wahrgenommen. Das ebbt im Laufe der Wochen wieder etwas ab, wenn sich mein Körper und meine Psyche darauf eingestellt haben.

Ich würde Dir raten, Deinen Arzt auf Johanniskraut anzusprechen. Viele Ärzte verschreiben lieber synthetische Antidepressiva, obwohl die Erfolgsquote bei leichten Depressionen (bei mittelschweren ist es noch umstritten) ähnlich hoch ist, und die Nebenwirkungen bei den synthetischen Mitteln in der Regel deutlich stärker ausfallen.

Ich habe bisher Felis 425 (2 Einnahmen por Tag) von Hexal und jetzt Laif 900 (eine Einnahme pro Tag) von Steigerwald ausprobiert. Die Wirkung empfinde ich als gleich. Vermutlich wird es bei den anderen apothekenpflichtigen Produkten bei gleicher Dosierung ähnlich sein. Hier sind die Links zu den entsprechenden Packungsbeilagen:

http://www.hexal.de/subdomains/unternehmen/praep/gi/621158_felis_425_gi_148x360_beschnitten.pdf

http://www.laif900.de/global/show_document.asp?id=aaaaaaaaaaaackb

Dazu möchte ich noch etwas anmerken, was in den Packungsbeilagen aus meiner Sicht nicht ausreichend hervorgeht: Johanniskraut kann sich auf den Hormonhaushalt auswirken. Auch auf eingenommene Hormonpräparate, insbesondere auch zur hormonellen Verhütung. Bisher sind meines Wissens allerdings keine Fälle bekannt geworden, wo es durch Einnahme von Johanniskraut zu einer Schwangerschaft gekommen ist. Aber auch dazu solltest Du Dich bei Deinem Arzt erkundigen.

Ergänzung: Ich habe mich vertan. Bei Felis ist das sehr gut beschrieben. Bei manchen Präparaten wird es halt nur unverständlich aufgeführt.

Günter
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Günter,

jetzt verstehe ich, was Du meinst.

Ich selbst gehöre eher in die Kategorie "leichte Depression", oder "Motivationsdefizit", auch wenn sich das für mich manchmal ganz anders anfühlt. Ich weiß, dass ich meine Depressionen sowohl durch mein Verhalten, als auch durch Medikamente beeinflussen kann. Tatsächlich kann ich die chemischen Vorgänge in meinem Gehirn auch durch mein Verhalten beeinflussen (den Serotoninspiegel verändern), genauso, wie ich auf meinen psychischen Zustand mit einem Medikament einwirken kann. Für mich selbst ist eine Trennung in körperliche oder psychische Ursachen also belanglos.

Ja, dass ich mich selbst beeinflussen kann weiß ich mittlerweile auch, mach ja nicht umsonst Therapie 🙂
Aber in letzter Zeit ist das leider so, dass ich das halt einfach als alles viel zu mühsam empfinde und dass mir sogar die Kraft dazu fehlt, diese negativen Gedanken zu stoppen, die mich umtreiben. Und keine Ahnung, in welche Kategorie meine Depressionen einzuordnen sind. Hmm. Das ist eine interessante Frage, die ich wohl bei meinem Arzttermin nächste Woche mal ansprechen werde. *aufschreib*

Ich nehme an, da spielt bei Dir auch die Angst eine Rolle, das eine oder andere zu haben, bzw falsch damit umzugehen. Betrachte es doch einfach so, dass Du bei einer leichten Depression Deiner Psyche mit einem Medikament vorspielst, sie hätte gute Erfahrungen gemacht. Und aufgrund dieses Zustands auch in der Lage bist, ihn weiter auszubauen.

Ja, da nimmst Du auf jeden Fall richtig an. Für mich sind Antidepressiva und sogar meine Depression sehr negativ belegt, weil ich mir denke, ich müsste mich ja nur ein bischen mehr zusammen reißen und dann würde das auch gehen und alle (mich eingeschlossen) die Depressionen haben sind na ja - krank im Kopf und selber schuld, dass sie eben nicht durchhaltefähiger sind. Da muss ich wohl noch einiges lernen - vor allem zu akzeptieren, dass ich krank bin. Ich fürchte da hab ich noch einiges vor mir. Und weil ich ja nicht krank sondern nur faul bin und die Depressionen ja nur eine Ausrede sind brauche ich auch keine Antidepressiva, weil ich ja keine Hilfe brauch, sondern mich selbst nur mehr in den Hintern treten müsste. Jetzt wo ich das aufschreib kommt mir erst mal, was für ein kranker Gedankengang das eigentlich ist.
Auf jeden Fall ist es gut, mal ne andere Meinung über Antidepressiva zu lesen und auch mitzukriegen, dass Depressionen tatsächlich eine Krankheit sind. Und ich bin jetzt wirklich mal gespannt, was der Neurologe zu mir sagt.
Und für den Rest hab ich ja meine Psychologin. 🙂
Daher - weil ich so ne Angst davor habe, wirklich krank zu sein - verdränge ich das alles ganz gerne.

Und außerdem hab ich das bei zwei Freundinnen mitgekriegt, die jetzt seit Jahren Antidepressiva nehmen und davon nicht mehr "runterkommen", die die Antidepressiva also wohl lange Zeit nicht absetzen konnten und immer noch nicht können. Und eigentlich bin ich gerne ein unabhängiger Mensch. Und wäre auch gerne unabhängig von Antidepressiva. Und ich habe die Befürchtung, nie mehr aufhören zu können, wenn ich einmal damit angefangen habe.

Außerdem habe ich gehört, dass die Antidepressiva persönlichkeitsverändernd sein sollen. Und in guten Phasen bin ich eigentlich sehr gerne ich. Dann mag ich mich auch. Und dann schaff ich auch viele Dinge. Die Ansicht über die Antidepressiva hat sich aber, nachdem ich mich jetzt schlau gemacht habe wie die Dinger wirken schon etwas relativiert.

In meiner Sorge, dass das länger anhalten könnte (die Erfahrung habe ich halt), bin ich zu meiner Ärztin gelaufen, und habe mir zur Sicherheit Johanniskraut verschreiben lassen.
Die Erfahrung kann ich gut nachvollziehen.

Es geht übrigens mehreren Menschen in meinem Umfeld unabhängig voneinander fast zeitgleich ähnlich. Ich nehme an, es hängt mit den Wintermonaten zusammen, in denen denen es dunkel und kalt ist, und man sein Prvatleben mehr nach innen ausrichtet.
Hmm interessant. In meinem Freundeskreis ist das derzeit auch überall so. Ich hab das auch auf die dunkle Jahreszeit "geschoben".

Insgesamt fühlt sich mein Zustand noch etwas künstlich an. Wenn man Wohlbefinden/Depression auf Wach/Müde übertragen würde, fühlt es sich etwas an, als wenn ich müde wäre, aber Kaffee getrunken habe, um wach zu bleiben. Ich hoffe, Du verstehst den Vergleich.
Ja, das kann ich gut nachvollziehen. Fühlt man sich mit synthetischen Antidepressiva ähnlich? Oder haben die bei Dir andere Auswirkungen?

Johanniskraut habe ich auch ausprobiert, als es vor Wochen angefangen hat, mir schlechter zu gehen. Aber ich hatte das aus der Drogerie und hab auch gelesen, dass das nicht so wirksam sein soll, habe auch nach einigen Wochen Einnahme noch keine Wirkung gespürt, daher habe ich das dann wieder gelassen. Ich wusste gar nicht, dass man sich das auch vom Arzt verschreiben lassen kann. Ich nehme an, dass das dann andere Dosen sind als das, was man in der Drogerie kriegt.

Das das Johanniskraut die Antibabypille außer Kraft setzen kann habe ich in dem Zusammenhang auch gelesen und auch, dass das eigentlich nie vorkommen soll. Aber ich habe sogar ein Forum gefunden, in dem jemand behauptet hat, das Kind das sie hat wäre genauso zu stande gekommen.

Na ja und da bin ich dann auch vom Johanniskraut wieder abgekommen, weil Kinder will ich schon, aber nicht JETZT.

Danke & Viele Grüße,
Grünpflanze
 
Hallo Grünpflanze

Heute finde ich endlich nochmal die Zeit, Dir zu antworten.

Und keine Ahnung, in welche Kategorie meine Depressionen einzuordnen sind. Hmm. Das ist eine interessante Frage, die ich wohl bei meinem Arzttermin nächste Woche mal ansprechen werde. *aufschreib*
Ich tippe mal auf leichte Depression. Evtl auch mittelschwer.

Ja, da nimmst Du auf jeden Fall richtig an. Für mich sind Antidepressiva und sogar meine Depression sehr negativ belegt, weil ich mir denke, ich müsste mich ja nur ein bischen mehr zusammen reißen und dann würde das auch gehen und alle (mich eingeschlossen) die Depressionen haben sind na ja - krank im Kopf und selber schuld, dass sie eben nicht durchhaltefähiger sind. Da muss ich wohl noch einiges lernen - vor allem zu akzeptieren, dass ich krank bin. Ich fürchte da hab ich noch einiges vor mir. Und weil ich ja nicht krank sondern nur faul bin und die Depressionen ja nur eine Ausrede sind brauche ich auch keine Antidepressiva, weil ich ja keine Hilfe brauch, sondern mich selbst nur mehr in den Hintern treten müsste. Jetzt wo ich das aufschreib kommt mir erst mal, was für ein kranker Gedankengang das eigentlich ist.
Auf jeden Fall ist es gut, mal ne andere Meinung über Antidepressiva zu lesen und auch mitzukriegen, dass Depressionen tatsächlich eine Krankheit sind. Und ich bin jetzt wirklich mal gespannt, was der Neurologe zu mir sagt.
Und für den Rest hab ich ja meine Psychologin. 🙂
Daher - weil ich so ne Angst davor habe, wirklich krank zu sein - verdränge ich das alles ganz gerne.
Ich habe im Laufe der Jahre einige Vorbehalte und Ängste verloren. Ein guter Therapeut versucht nicht, mich zu manipulieren, wie ich es früher einmal befürchtet hatte, sondern versucht, mir meine Situation bewußter zu machen, und mit mir nach neuen Wegen zu suchen. Eine psychosomatische Klinik ist ein Ort, wo sich ganz normale Menschen aufhalten. In eine Psychiatrie wird man nicht eingewiesen, wenn man verrückt ist. Und die Telefonseelsorge ruft man an, wenn man akute Probleme hat, von denen man sich im Augenblick überfordert fühlt.

Und auch mit Medikamenten habe ich mich in den vergangenen Jahren als eine Möglichkeit, seinen Depressionen zu begegnen, angefreundet. Heute gehe ich genauso selbstverständlich zu einem Therapeuten, wie zu einem Hausarzt. Wobei ich einen Psychiater einem Zahnarzt vorziehen würde. 😉

Allerdings stufe ich meine eigenen Depressionen bis heute nicht als Krankheit ein. Für mich ist Depression, so wie ich sie erlebe, eine Möglichkeit, im Leben zu reagieren, wenn sie auch meist nicht sehr effizient ist. Resignieren, regungslos verharren und abwarten, dass sich die Situation verändert. In meinem Bekanntenkreis sind mehrere Menschen, die zu Depressionen neigen. Ich betrachte es mehr als Charakterzug, bzw als eine Folge von Charakterzügen. Oft erlernt, manchmal auch kultiviert. Halt im Grunde wie Einsamkeit, Streß oder Ängste ganz normal. Was ja nicht ausschließt, dass man dagegen angehen kann.

Und außerdem hab ich das bei zwei Freundinnen mitgekriegt, die jetzt seit Jahren Antidepressiva nehmen und davon nicht mehr "runterkommen", die die Antidepressiva also wohl lange Zeit nicht absetzen konnten und immer noch nicht können. Und eigentlich bin ich gerne ein unabhängiger Mensch. Und wäre auch gerne unabhängig von Antidepressiva. Und ich habe die Befürchtung, nie mehr aufhören zu können, wenn ich einmal damit angefangen habe.
Die meisten gebräuchlichen Antidepressiva machen bei leichten Depressionen nicht wirklich abhängig. Auch wenn es bei manchen Menschen zu Absetzerscheinungen kommen kann, besonders nach hoher Dosierung.

Aber ich kann mir vorstellen, dass viele Menschen erleichtert sind, wenn sie auf einem relativ einfachen Weg ihre Depressionen los werden. Und dass sie befürchten, wieder in ihren alten Zustand zurückzufallen, wenn sie die Medikamente wieder absetzen. Sicher kann das passieren. Aber man kann die Dosis auch nach und nach reduzieren, und aufmerksam beobachten, ob diese Befürchtungen tatsächlich eintreten.

Außerdem habe ich gehört, dass die Antidepressiva persönlichkeitsverändernd sein sollen. Und in guten Phasen bin ich eigentlich sehr gerne ich. Dann mag ich mich auch. Und dann schaff ich auch viele Dinge. Die Ansicht über die Antidepressiva hat sich aber, nachdem ich mich jetzt schlau gemacht habe wie die Dinger wirken schon etwas relativiert.
Nach meiner Erfahrung würde ich sagen, sie wirken persönlichkeitsverändert, und gleichzeitig auch nicht. Ich bin jetzt kein anderer Mensch. Meine Eigenschaften, die Grundsätze, nach denen ich lebe, haben sich nicht verändert. Auch das Chaos in meiner Wohnung ist geblieben. Die meisten Menschen nehmen bei mir keine Veränderung wahr.

Aber ich bin lockerer geworden. Etwas schneller, hektischer, weniger strukturiert (als Kopfmensch). Ich sitze nicht mehr da wie ein Fels, sondern schwimme etwas mehr durchs Leben. Und wenn mal etwas schief läuft, kann ich es schneller hinter mir lassen. Auf manche Kontakte hat das einen Einfluss. Ich bin nicht mehr so aufmerksam und geduldig bei anderen Menschen. Schweife schneller vom Thema ab, wenn es mir zu mühsam ist, oder lasse mich gar nicht darauf ein. Und ich plappere mehr und albere mehr herum.

Ja, das kann ich gut nachvollziehen. Fühlt man sich mit synthetischen Antidepressiva ähnlich? Oder haben die bei Dir andere Auswirkungen?
Vermutlich schon. Ich hatte nur einen Wirkstoff ausprobiert (Setralin). Hatte aber zuviele Nebenwirkungen bekommen, so dass ich es wieder abgesetzt habe. Die meisten häufigeren Nebenwirkungen treten bei den üblichen synthetischen Antidepressiva mit einer Wahrscheinlichkeit bis etwa 10-20% auf, in einzelnen Fällen sind sie in etwa genauso häufig, wie die erwünschte Wirkung. Ich habe da halt einfach Pech gehabt. Sollte es eine positive Wirkung gehabt haben, dann habe ich sie durch die ganzen Nebenwirkungen nicht wahrgenommen.

Letztlich muss man bei diesen Medikamenten einen Kompromiss schließen. Sind die evtl auftretenden Nebenwirkungen im Vergleich zu der (ebenfalls nicht bei jedem auftretenden) Verbesserung des Wohlbefindens vertretbar, oder nicht?

Johanniskraut habe ich auch ausprobiert, als es vor Wochen angefangen hat, mir schlechter zu gehen. Aber ich hatte das aus der Drogerie und hab auch gelesen, dass das nicht so wirksam sein soll, habe auch nach einigen Wochen Einnahme noch keine Wirkung gespürt, daher habe ich das dann wieder gelassen. Ich wusste gar nicht, dass man sich das auch vom Arzt verschreiben lassen kann. Ich nehme an, dass das dann andere Dosen sind als das, was man in der Drogerie kriegt.
Da es vergleichsweise geringe Nebenwirkungen mit sich bringt, und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten erst seit wenigen Jahren bekannt sind, hat es unter den Antidepressiva eine Sonderstellung. Es kann vom Arzt verschrieben werden, darf aber in Apotheken auch frei verkauft werden. Außerhalb von Apotheken darf es nur mit Tagesdosen verkauft werden, die maximal 1/4 der empfohlenen wirksamen Tagesdosis entsprechen (hatte ich das schon gesagt?). Entsprechend kann man da nicht viel erwarten. Ich würde sogar sagen, da nimmt kaum ein Mensch mehr als einen Placebo-Effekt wahr, wenn überhaupt etwas. Außerdem sollte man bei den Drogerieprodukten damit rechnen, dass sie nicht so sorgfältig hergestellt werden, was Anbaugebiet, verwendete Pflanzenteile und Extraktionsverfahren angeht.

Das das Johanniskraut die Antibabypille außer Kraft setzen kann habe ich in dem Zusammenhang auch gelesen und auch, dass das eigentlich nie vorkommen soll. Aber ich habe sogar ein Forum gefunden, in dem jemand behauptet hat, das Kind das sie hat wäre genauso zu stande gekommen.

Na ja und da bin ich dann auch vom Johanniskraut wieder abgekommen, weil Kinder will ich schon, aber nicht JETZT.
Dazu gibt es wohl keine sicheren Untersuchungen. Ich glaube nicht, dass die Wirkung hormoneller Verhütung grundsätzlich außer Kraft gesetzt wird. Das wäre mit Sicherheit bekannt. Die Beschreibungen, die ich dazu gelesen habe, lauteten ganz unterschiedlich. Mal hieß es, man muss mit Zwischenblutungen rechnen, aber die Verhütung sei nicht gefährdet. Dann hieß es wieder, die Wirkung der Pille sei herabgesetzt, besonders bei niedriger Dosierung. Was dann sicher auch wieder individuell verschieden Auftritt.

Ich würde als Frau einfach mal mit einem erhöhten Risiko einer Schwangerschaft rechnen, und zusätzlich verhüten.

Grundsätzlich würde ich bei Antidepressiva - wie bei Therapeuten auch - dazu raten, zu experimentieren. Also mehrere Wirkstoffe auszuprobieren, solange unangenehme Nebenwirkungen auftreten, bzw keine angemessene Verbesserung eintritt. Und besonders Männern würde ich dazu raten, dabei Johanniskraut in die Auswahl einzuschließen. Nimmt man keine Medikamente, deren Wirkung durch Johanniskraut beeinflußt wird, kann dann fast nur noch die erhöhte Lichtempfindlichkeit auftreten, was ja im Winter kein Problem darstellen sollte.

Solltest Du es mit Johanniskraut probieren, würde ich Dir zu einem Präparat mit 2 Einnahmen pro Tag raten, auch wenn eine Einnahme als ausreichend angenommen wird. Der Wirkmechanismus ist bis heute nicht sicher geklärt. Und die Halbwertszeit der verschiedenen möglicherweise beteiligten Stoffe im Körper beträgt teilweise nur wenige Stunden.

Günter
 
habe hier mit interesse gelesen.

günter, wie stellst du fest, wann du das johanniskraut wieder absetzen kannst?
gibt es für die einnahmedauer eine empfehlung?
wie ist deine erfahrung diesbezüglich?

lg lydia
 
Hallo

ich fand diese Berichte auch sehr toll. Nehme seit einigen Tagen Trevilor retard 75mg. Die Nebenwirkungen lassen seit heute nach. Kann wieder eher einen Gedanken fassen. Bin sehr ruhig, und muß nicht grübeln und weinen. Bin zwar nicht motiviert, außer den üblichen Dingen, etwas zu tun, aber das kommt ja vielleicht noch, wenn die Wirkung mal richtig eingesetzt hat.
An Johanniskraut habe ich nie so sehr geglaubt. Weiß auch nicht warum, weil ausprobiert habe ichs noch nie. Interessant zu lesen, dass es manchen wirklich hilft.

Liebe Grüße

Herzchen
 
Ich nehme "Fluoxetin" - 50 mg am Tag.
Anfangs war ich total geschockt und fertig, als mein Arzt meinte, er würde mir jetzt Medikamente verschreiben. Konnte das alles nicht verstehen, hatte Angst vor Abhängigkeit, davor, dass ich "anders" werde. (war damals 14/15).
Naja, habe sie dann schließlich genommen und kann nur positives erzählen. Schon nach einigen Monaten gingen die Suizidgedanken weg und nach und nach ging es mir besser. Du brauchst aber Geduld - es sind immer nur kleine Schritte - aber in die richtige Richtung!
Es sind bei mir keine Nebenwirkungen aufgetreten und Abhängigkeit ist auch nicht der Fall.
Bin richtig froh, dass ich den Schritt gewagt habe, mich FÜR die Kapseln zu entscheiden, wer weiß, ob ich sonst jetzt noch hier schreiben würde.

Wünsche dir viel Glück auf deinem Weg, egal was du machst, es wird das richtige sein.

Psy
 
günter, wie stellst du fest, wann du das johanniskraut wieder absetzen kannst?
gibt es für die einnahmedauer eine empfehlung?
wie ist deine erfahrung diesbezüglich?
Ich habe die Einnahme diesmal im Grunde für mich selbst beschlossen. Habe es dann noch mit meiner Ärztin abgesprochen. Ich werde damit überwintern, und im Frühjahr die Dosierung reduzieren, um es im Sommer wieder ganz abzusetzen. Sollte ich dabei eine deutliche Verschlechterung meiner Stimmung wahrnehmen, werde ich in Erwägung ziehen, es über einen längere Zeitraum unterstützend einzunehmen - vielleicht 1 oder 2 Jahre. Darüber kann ich mir aber noch in ein paar Monaten Gedanken machen.

Wobei ich die Dosis bereits jetzt etwas reduzieren werde. Durch meine Befürchtung, depressiv durch den Winter zu gehen, hatte ich eine höhere Dosis, als die Standarddosis eingenommen. Davon wird zwar eher abgeraten, weil es noch zu wenige Untersuchungen mit höheren Dosierungen gibt, aber es gab auch keinerlei Berichte darüber, dass ich mir damit schaden könnte - mal abgesehen davon, dass meine Haut eben noch etwas lichtempfindlicher reagieren könnte (wovon ich bisher allerdings nichts bemerkt habe). Meine Ärztin schien zwar nicht so ganz glücklich mit meiner Entscheidung zu sein, hatte aber auch nichts dagegen einzuwenden.

Ich fühle mich jedoch etwas zu sehr aufgepuscht. Rede etwas viel, manchmal auch unbedacht. Und ich befürchte, dass der eine oder andere Kontakt durch mein Verhalten leiden könnte.

Für die Einnahme von Antidepressiva gibt es keine pauschalen Richtlinien - sofern man auf die Medikamente nicht angewiesen ist. Manche Ärzte setzen sie ungerne ein, andere verschreiben sie zu leichtfertig. Wenn man sie als Alternative, oder begleitend zu einer Therapie einnimmt, sollte man sie schon über einen längeren Zeitraum einsetzen - mehrere Monate oder auch länger, evtl auch über ein paar Jahre. Letztlich sollen sie dann als Unterstützung dienen, um mit einer positiveren Grundeinstellung das Leben anders in Angriff zu nehmen, und dann irgendwann zu schauen, ob dieser Zustand ein Eigenleben bekommen hat, man ihn auch ohne Medikamente halten kann.

Kann wieder eher einen Gedanken fassen. Bin sehr ruhig, und muß nicht grübeln und weinen. Bin zwar nicht motiviert, außer den üblichen Dingen, etwas zu tun, aber das kommt ja vielleicht noch, wenn die Wirkung mal richtig eingesetzt hat.
Die Erfahrung mache ich auch. Meine Stimmung ist besser, ich grüble kaum noch. Ich bin auch aktiver, sogar etwas hektisch. Aber das führt nicht dazu, daß ich mein Leben anders gestalte. Mehr dazu, dass ich mein Leben mehr akzeptiere, wie es ist. Ich denke, der Schritt, sein Leben anders zu strukturieren, ist noch einmal etwas ganz anderes. Ich bin derselbe Mensch mit denselben Charakterzügen geblieben. Mehr Gelassenheit führt nicht dazu, dass sich das ändert.

Ich schlafe (leider) auch genauso wenig, wie vorher. Bin abends manchmal unruhig, und stehe nach etwa 5 Stunden wieder auf. Ich grüble nur nicht mehr vor dem Einschlafen. Es ist halt, wie es ist.

Gegen Ängste scheint Johanniskraut auch nur eingeschränkt zu helfen (wofür es ja auch gar nicht gedacht ist). Auch hier fällt das Grübeln weg. Soziale Ängste erlebe ich abgeschwächter. Ich mache mir nicht so viele Gedanken, was kommen könnte und verhalte mich entsprechend etwas sorgloser. Wenn mir jedoch mal etwas Angst macht, scheine ich anders zu reagieren. Nicht mehr mit Bedacht, oder indem ich mir den Kopf zerbreche, sondern emotionaler.

Aber das wird sicher jeder ganz individuell erleben.

An Johanniskraut habe ich nie so sehr geglaubt. Weiß auch nicht warum, weil ausprobiert habe ichs noch nie. Interessant zu lesen, dass es manchen wirklich hilft.
Bei leichten Depressionen ist die Erfolgsquote ähnlich hoch, wie bei synthetischen Antidepressiva - wenn man es richtig einsetzt.

Günter
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo "Grünpflanze"!
In Deiner Situation braucht es viel Zeit! Als Unterstützung für Deine Bemühungen rate ich dir in Absprache mit einem dafür zuständigen Arzt zu natürlichen Medikamenten! Hier gibt es viele Möglichkeiten.

Lass dich nicht dazu hinreißen hier "irgend etwas auszuprobieren*
*Gruß*
 
Venia meinte:
Lass dich nicht dazu hinreißen hier "irgend etwas auszuprobieren*
nein, das sollte grünpflanze nicht, wird sie wohl auch nicht, die beratung durch einen arzt sollte immer vorrang haben, und von günter war es sicher so nicht gemeint.

dennoch, wenn man jahrzehnte, so wie ich, damit zu tun hat, sucht man nach alternativen. gründe dafür gibt es einige, eine erklärung führt aber jetzt zu weit.

vor ca. 2 -3 wochen, merkte ich, dass ich abrutschte (so bezeichne ich es für mich selbst, wenn ich in eine depression verfalle). habe mir darufhin den thread von günter angesehen: "johanniskraut", konnte mich daran erinnern, gelesen in einer guten phase, aber gespeichert für eine schlechte phase.

günter meinte:
Ich habe die Einnahme diesmal im Grunde für mich selbst beschlossen.
ich auch, nehme felis 425, 2 x täglich. die wirkung setzte schnell ein, schneller als ich damit gerechnet habe.

günter meinte:
Habe es dann noch mit meiner Ärztin abgesprochen. Ich werde damit überwintern, und im Frühjahr die Dosierung reduzieren, um es im Sommer wieder ganz abzusetzen. Sollte ich dabei eine deutliche Verschlechterung meiner Stimmung wahrnehmen, werde ich in Erwägung ziehen, es über einen längere Zeitraum unterstützend einzunehmen - vielleicht 1 oder 2 Jahre. Darüber kann ich mir aber noch in ein paar Monaten Gedanken machen.
das wird für mich das hauptproblem sein, diese medikamente über so einen langen zeitraum zu nehmen. meist setze ich viel zu schnell ab.

im moment geht es mir gut damit, sehr gut sogar. meine gedankengänge, die, die sonst in einer endlosschleife landen, sie sind unterbrochen, enden einfach.
für mich ist es einen versuch wert, alles besser als dieses grau.
 

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