Berlin wird immer schlimmer?

_vogelfrei meinte:

Das kann ich nicht beurteilen, aber mein Freund wohnt schon immer hier & teilt deine Perspektive nicht. Hatte vorhin mit ihm über den Thread gesprochen.

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Das hängt mit Sicherheit auch damit zusammen, wo man lebt, wie lange man dort lebt und wo man sich befindet und lang geht oder fährt und wie viel man sehen will. Viele Menschen haben mir erzählt, dass sie das, was man wenn man nur mal kurz da ist, gar nicht mehr so reflektieren und ausblenden.
In Zehlendorf wo einige Reiche wohnen bin ich auch weniger auf Junkies getroffen als in Neukölln oder auch in Teilen schon in Schöneberg. Das ist derzeit noch so. Ich sehe bei der Entwicklung aber nicht, dass es in 20 Jahren auch noch so ist. Viele der Kinder die in den Bezirken aufwachsen bekommen diese Verrohung ja jeden Tag vor Augen gehalten. Wenn es zu arg wird, versuchen die Eltern noch weg zu ziehen, haben aber nicht bedacht, dass die Kinder ab da schon lange diese Verrohung in sich tragen und das dann zwangsläufig auch an die Vorstadtregionen und ländlichen Gegenden weitergeben.
Unser System ist kaputt und das kommt noch dazu. Die Preise gehen immer höher und man bekommt für sein Geld immer weniger raus. Die, die vorher schon am Existenzminimum waren, kommen jetzt noch weiter unter das Minimum.
Hinzu kommt eine Welle von Migranten aus sämtlichen Ländern, die ja irgendwie auch leben wollen. Ich sehe gerade für Berlin keine guten Zeiten.
Klar ist das hipp und trendig und aufregend. Aber auch nur, solange man sich in seine 700 Euro 40 Quadratmeterwohnung zurückziehen kann, die optimalerweise am Stadtrand sein sollte, was sie aber vermutlich nicht ist, weil sie dann nicht mehr 700 Euro kostet. Nur solange man sich das noch leisten kann und man weiß, dass man notfalls wieder zu seiner Familie ziehen kann, finde ich es hipp.
Für alle anderen, die so im Mittelmaß schwimmen, wird es auf Dauer schwer werden. Habe in der BZ erst vor kurzem gelesen, dass viele junge Leute demonstriert haben, weil man eine 80 Jährige Frau nach 40 Jahren aus ihrer Wohnung raus kriegen wollte, da man den Platz lieber für was anderes nimmt.

Roselily meinte:

- aber nicht alle "arabisch aussehenden" Menschen sind eine Gefahr.

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Habe ich nicht behauptet, aber die 3 dunkelhaarigen Jungs, die da sehr zielgerichtet und mit dementsprechendem Blick auf mich zusteuerten hatten definitiv nichts gutes im Sinn. Das haben ja auch die Passanten gemerkt, sonst hätte mich der Mann nicht unter seine Fittiche genommen

Übrigens ist mir das was mandrayke schrieb auch schon aufgefallen. Die oberen Bevölkerungsschichten haben immer leichte Reden. Die müssen aber auch nicht in Neukölln oder Kreuzberg am Kotti leben, sondern können sich, wenn es ihnen zu bunt wird, in ihre Einfamilienhäuser in Steglitz-Zehlendorf oder Wannsee zurückziehen. Da wo die arabischen Kulturkreise weniger vertreten sind und wo Drogenabhängige und Bettler sofort vertrieben werden. Da, wo die Hecken meterhoch sind und jedes Haus überwacht wird.
Mit der U Bahn, sprich Kotti, Moritzplatz und Schönleinstraße müssen sie auch nicht fahren. Dann nehmen sie eben ein Taxi.
Und von da aus ist es natürlich leichter sofort die Rassistenkeule zu schwingen.
Natürlich sind nicht alle arabisch aussehenden Männer eine Gefahr. Nur es lässt sich nicht wegreden, dass sich deren Kultur, auch wie sie Frauen sehen, doch sehr von unserer unterscheidet.
Übrigens ist mir auch aufgefallen, dass die Bahnen in Richtung Bundestag immer sauberer werden. Zumindest die S Bahnen. Das mal dazu.

weidebirke meinte:

Ich lebe seit 2000 hier und komme berufsbedingt viel in der Stadt rum, zu allen Uhrzeiten. Ich bin Neukölln Hauskrankenpflege gefahren und habe ich Kreuzberg im Krankenhaus gearbeitet. Ich war Leasingkraft und als solche jeden Tag in einem anderen Pflegeheim oder Krankenhaus. Da war von Marzahn bis Wilmersdorf alles dabei.
Heute arbeite ich freiberuflich und nehme Aufträge in der ganzen Stadt an.

Glaub mir, ich kenne meine Stadt und seine Menschen.

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Ich habe vor der Jahrtausendwende in Berlin gelebt und du kannst mir glauben. Zwischen damals und heute liegt ein deutlicher Unterschied.
Ich denke eher, dass du das vermutlich nicht mehr so bewusst wahrnimmst. Wenn man Obdachlosigkeit oder Elend jeden Tag im Stadtbild sieht, fällt es irgendwann nicht mehr so gravierend auf. Man hat sich daran gewöhnt. Gehört ja dann irgendwie dazu.
Ich denke eher, dass hier die Ursache liegt, dass man Dinge anders wahrnimmt.
Ich habe zwischenzeitlich lange auf dem Land gelebt. Saubere Straßen, kein Obdachloser weit und breit. Keine Drogenabhängigen. Und plötzlich bist du wieder dort, wo du vorher schon mal gelebt hast und hast einen ganz anderen Blick. Ich spreche dir deinen Blick auf die Dinge gar nicht ab. Selbst Farben wirken ja auf jeden Menschen anders. Nur mit der Zeit gewöhnt man sich auch an Dinge, die andere vielleicht als gravierend empfinden. Und wenn du jetzt 10 Jahre lang in einem abgelegenen Ort an der Ostsee wohnen würdest und dann würdest du nach 10 Jahren wieder nach Berlin kommen, würden dir vermutlich Dinge auffallen, die du zuvor gar nicht als auffällig bezeichnet hättest.

Luna_New meinte:

Das mag sein, aber neben Frankfurt wird wohl in kaum einer Stadt Armut und Elend mittlerweile so direkt offensichtlich.

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Diese Aussage zu Frankfurt halte ich für eine Unterstellung. Schon mal in Frankfurt gewesen?

Dort gibt es Programme, die den nachbarschaftlichen Zusammenhalt fördern. Und zwar erfolgreich.

Oder meinst Du Frankfurt an der Oder, Frankfurt/Kentucky? Also bitte präzisieren!

Doc meinte:

Diese Aussage zu Frankfurt halte ich für eine Unterstellung. Schon mal in Frankfurt gewesen?

Dort gibt es Programme, die den nachbarschaftlichen Zusammenhalt fördern. Und zwar erfolgreich.

Oder meinst Du Frankfurt an der Oder, Frankfurt/Kentucky? Also bitte präzisieren!

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Frankfurt am Main und im Bahnhofsviertel hab ich vom Miteinander nicht viel mitbekommen. Tut mir leid, dass ich das so sage,

Walin meinte:

Naja, in Schöneberg gibt es nicht nur sozial Benachteiligte. Ich wohne auch in Schöneberg, hier kleben Zettel im Supermarkt, da werden bis zu 5000 Euro Belohnung geboten für eine 1-Zimmerwohnung bis 1000 Euro "hier im Kiez". Und das sind heruntergekommene Wohnungen. Meistens ist das von Leuten, die von außerhalb kommen. Eltern kaufen oder zahlen für ihre Kinder, die in Berlin studieren wollen, hohe Preise für Wohnungen.
Also man kann nichts verallgemeinern.
Berlin ist immerhin auch die grünste Stadt Europas und hat mehr als 2500 Grünflächen.
Es gibt die Domäne Dahlem - Deutschlands einziger Bauernhof mit U-Bahnanschluss
Das Südgelände:
und noch total andere schöne romantische und versteckte Wohlfühloasen.
Berlin polarisiert halt und früher war es auch "dreckig", vor allem am Bahnhof Zoo, wir lasen Christiane F. und gingen zum Bahnhof, es war fürchterlich, aber echt.

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Ich hab nicht verallgemeinert. Ich habe von dem berichtet, das ich zuletzt gesehen habe und von dem, was ich von früher erlebt habe. Ich habe übrigens auch nicht gesagt, dass in Schöneberg nur sozial Benachteiligte leben.

@Luna_New die Stadt ist groß und die Perspektiven sind vielfältig. Nachdem was ich gehört und gelesen habe, war Berlin schon immer chaotisch, durchwachsen und ja, es gibt viele Drogen und auch Verelendung. Ich hatte ja einen Artikel verlinkt, der die Entwicklung der Stadt in Bezug auf Obdachlosigkeit schildert, demnach gabs so Ende der 90er/ Anfang 2000er ein paar bessere Jahre (wahrscheinlich die Zeit deiner Kindheit?), aber ansonsten gabs immer viele Obdachlose hier.

Was mich an deinen Erzählungen stört, ist deine Perspektive und deine Worte. "Junkie" kommt von junk=Müll und so eine Haltung schwingt auch bei deiner Erzählung mit, allein dass du Zehlendorf ständig erwähnst. Ja klar, wohnen da die Menschen mit Kohle, aber die haben mit meiner Lebensrealität wenig zu tun. Ich bin viel in Kreuzberg & Friedrichshain, Neukölln mag ich auch. Ja, manches erschrickt mich, aber die sichtbaren Gegensätze gehören zum Leben dazu. Ich bin Sozialarbeiterin und arbeite mit Menschen, die oft in ihrer eigenen Welt leben. Wenn man Menschen kennenlernt & begegnet, verliert vieles seinen Schrecken. Vor allem das Fremde macht Angst.
Ich schrieb es schon, es gibt für manche Menschen keine guten Angebote, die Strukturen des Hilfenetzes sind nicht ausreichend. Das ist meiner Ansicht nach nicht die Schuld derer, die durchs Netz fallen und sichtbar verelenden, sindern es ist ein gesamtgesellschaftliches Problem.

Und nein, nicht jede:r in Berlin ist abgestumpft gegenüber Armut & Elend. Mich beschäftigt das ganz extrem und ich nehme viele Eindrücke Abends mit ins Bett

Ich sage ja, es liegt am Filter. Ich sehe das Eklend zwar, aber ich reagiere eben anders darauf. Ich bewerte es anders.

Ja, auf dem Dorf gibt es keine Obdachlose und Drogenabhängige zu sehen. Aber doch nicht, weil Dörfer keine solchen Probleme hervorbringen. Die Menschen werden dorthin verdrängt, wo sie toleriert werden.

Und mit Verlaub, wie alt warst Du wor 23 Jahren? Hat schon ein bisschen was von Berlinsplaining ... Berlinern erzählen zu wollen, wie ihre Stadt funktioniert.

Ich würde wenn dann sagen, dass es in Deutschland INSGESAMT schlimmer wird. Das sind ja alles keine Probleme, die Berlin exklusiv hat.

Als Hauptstadt liegt der mediale Fokus aber eher auf Berlin als auf irgendwelchen Kleinstädten oder kleineren Großstädten, die genauso ihre sozialen Brennpunkte haben. Aufgrund der Größenunterschiede nicht in dem Ausmaß, aber die Probleme sind da. Messerstechereien, Drogengeschäfte, Gewalt usw. findest du auch in Gegenden, die auf den ersten Blick unscheinbar und idyllisch wirken.