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Die Zeit heilt alle Wunden... blablabla...

Sarnade

Aktives Mitglied
Die Zeit heilt alle Wunden...
Der Spruch wirkt abgedroschen und kommt von Leuten, die keine Lust haben, sich weiter mit einem trauernden Menschen abzugeben und Zeit für ihn zu "opfern". Sie wollen auch nichts mehr über den verstorbenen Menschen hören und nicht mehr über ihn reden. So, als ob die verstorbene Person nie gelebt hätte.

Der Tod nimmt einem allerdings nicht die Erinnerungen. Er kann einem auch nicht die Zeit nehmen, die man mit dem verstorbenen Menschen zu dessen Lebzeiten verbracht hat. Die kann einem keiner nehmen.

Diese Zeit kommt aber nie mehr zurück. Der verstorbene Mensch auch nicht. Das Leben wird nie wieder so sein, wie es mit dem verstorbenen Menschen war.
 
T

tautropfenimnovember

Gast
Ich finde solche Aussagen, sind auch immer in dem Kontext zu sehen in dem sie gemacht werden.
Natürlich kann es eine Floskel sein, aber manchmal auch ein unbeholfener Satz, der dem Gegenüber wünscht, daß es ihm bald besser gehen möge.
Nicht zu jedem Menschen hat man eine solche Beziehung, daß man tröstend umarmen möchte.
Aber völlig die Trauer des anderen zu ignorieren wäre auch nicht sehr einfühlsam.
Ich würde auch nicht von einem anderen Menschen erwarten, daß dieser so gänzlich meine Trauer nachempfinden muß, warum auch?
Aber ich könnte von manch Menschen den Wunsch darin erkennen, daß man mir Hoffnung und Mut machen möchte, daß die Trauer zumindest erträglicher wird irgendwann, und diesen Wunsch für mich sehen.
Ehrlich gemeint käme es schon auch als etwas unbeholfener Trost bei mir an.
Der Tod und die Trauer sind noch solche Tabuthemen, damit tun sich eben viele Menschen schwer.
Vielleicht sollte man da auch nicht zu viel von anderen erwarten.
Aber darüber zu reden, ist vielleicht schon mal ein guter Anfang mit diesem schweren Thema umzugehen.
 

Sarnade

Aktives Mitglied
Ehrlich gemeint käme es schon auch als etwas unbeholfener Trost bei mir an.
Der Tod und die Trauer sind noch solche Tabuthemen, damit tun sich eben viele Menschen schwer.
Vielleicht sollte man da auch nicht zu viel von anderen erwarten.
Aber darüber zu reden, ist vielleicht schon mal ein guter Anfang mit diesem schweren Thema umzugehen.
Ich sehe auch noch einen Unterschied darin, ob nur dieser Spruch kommt oder ob der Betreffende, der den Spruch geäußert hat, vielleicht noch etwas hinzufügt oder sich wenigstens hin und wieder bei der trauernden Person meldet, fragt, wie es ihr geht, oder sich bemüht, sie auch mal auf andere Gedanken zu bringen.

Wenn die trauernde Person noch etliche Menschen in ihrem sozialen Umfeld hat, die sie in dieser Situation auffangen, ist es auch etwas anderes, als wenn sie keine Angehörigen mehr hat oder die wenigen vorhandenen Angehörigen nach anfänglichen höflichen Beileidsbekundungen völlig desinteressiert und nur mit ihrem eigenen Leben beschäftigt sind.

Letzteres habe ich nach dem plötzlichen und unerwarteten Tod meines Partners im Mai letzten Jahres erlebt. Zu meiner psychisch schwerstkranken Schwester (seit über 20 Jahren Schizophrenie mit zeitweisen Wahnphasen , mangels Krankheitseinsicht nicht in Behandlung) habe ich bereits seit zehn Jahren keinen Kontakt mehr, weil ihr Psychoterror nicht mehr auszuhalten war. Was meine deutschen Verwandten betrifft, habe ich ansonsten nur noch zu einer Cousine in meinem Alter mehrmals jährlich Kontakt. Diese kennt meine Lebensumstände, kündigte auf einer Weihnachtskarte an, sich zu Weihnachten bei mir zu melden, tat es aber erst am Abend des 2. Feiertags. Und der Zweck der Übung bestand vor allem darin, mir nach anfänglichem Smalltalk mitzuteilen, dass ihr Lebensgefährte, mit dem sie seit 27 Jahren zusammen sei, ihr einen Heiratsantrag gemacht habe und zu diesem Zweck auf die Knie gegangen sei. Der Hochzeitstermin stand zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht fest. Sie hätte mich genauso gut auch noch im Januar darüber informieren können und nicht ausgerechnet am ersten Weihnachtsfest ohne meinen Partner, das ich, was sie auch wusste, ganz allein verbringen musste. Ihr Partner ist ganze sechs Tage jünger als mein Partner.

Dass sie wirklich so naiv ist zu glauben, ich wäre unter den gegebenen Umständen mit meiner Trauer schon durch und würde mich freuen, wenn Paare in vergleichbarem Alter heiraten, glaube ich niemals. Da war auch eine Portion Bosheit und Triumph mit im Spiel. Die Beziehung hat dadurch aus meiner Sicht einen irreparablen Knacks bekommen. Als ich meiner Haushaltshilfe davon erzählte, war auch deren spontane Reaktion: "Das war gemein. Und ich hätte anstelle Ihrer Cousine auch am ersten Feiertag bei Ihnen angerufen und nicht erst, wenn Weihnachten schon fast vorbei ist." Auch eine Bekannte aus meiner Heimatstadt sagte sofort: "Das war sehr unsensibel und taktlos."

Einfühlsamere Menschen hätten eine trauernde Verwandte in so einer Situation vielleicht im Vorfeld gefragt, ob sie Weihnachten lieber allein oder lieber in Gesellschaft verbringen möchte, und hätten sie vielleicht ausnahmsweise für den 2. Feiertag zu sich eingeladen, damit der trauernde Mensch was vorhatte und Weihnachten nicht ganz so trostlos für ihn war. Klar, erwarten kann man das nicht; ich hätte es im umgekehrten Fall aber vielleicht sogar überlegt. Wenn man das aber schon nicht will (die Trauer könnte einem ja die romantische Familienweihnacht verderben), braucht man einem alleinlebenden trauernden Menschen nicht noch ausgerechnet am ersten Weihnachtsfest nach dem Tod des Partners mit einer Schilderung von Heiratsanträgen und Hochzeitsnachrichten einen Stich zu versetzen.

Für die ist mein verstorbener Partner längst abgehakt. Aber wehe, ihrer wäre gestorben. Dann hätte sie sich monatelang krankschreiben lassen nach dem Motto: "Herr Doktor, ich kann nicht mehr." Und wäre sieben Monate nach dem Tod ihres Partners garantiert auch noch nicht mit ihrer Trauer "durch" gewesen.

An ihrer Hochzeit habe ich selbstverständlich nicht teilgenommen. Mehrere Personen haben mir davon abgeraten. Und ich wollte es auch absolut nicht. Bin ich eine Masochistin? Habe ihr mitgeteilt, dass ich zu solchen Feiern bis auf Weiteres nicht in der Stimmung sei. Auch wenn ich im Alltag ganz gut funktionieren würde, sei meine Trauerbewältigung noch nicht abgeschlossen. Eine schriftliche Einladung mit selbstbeweihräucherndem Text erhielt ich Wochen später trotzdem noch. Ich habe denen ein großzügiges Geldgeschenk geschickt, damit sie nicht noch behaupten können, ich hätte aus Geiz abgesagt. Aber ich bin froh, dass ich mir diese Veranstaltung nicht antun musste.

Zum nächsten Weihnachtsfest werde ich verreisen (ist bereits gebucht) und die Reise so gestalten, dass ich für niemanden erreichbar sein werde. Auch das Smartphone wird erst gar nicht eingeschaltet, sondern nur für Notfälle mitgenommen. Diese Dame verdirbt mir nicht noch mal die Feiertage!
 
Zuletzt bearbeitet:

Alegra67

Aktives Mitglied
Ich habe diesen Spruch schon so gelesen:
Die Zeit heilt alle Wunden -
wer hat diese Lüge erfunden?

Falls ich einmal in der Situation sein werde, dass mein Mann vor mir geht, wird das für mich aus heutiger Sicht ganz schrecklich sein, das weiß ich jetzt schon. Aber, ich werde auf meine Art trauern und nichts von Außenstehenden erwarten.

Beim Lesen der Beiträge wurde mir wieder sehr bewusst, wie wichtig es ist, nie unversöhnt auseinanderzugehen. Man weiß nie, wann man seinen Partner zum letzten mal lebend sieht.
 

Sarnade

Aktives Mitglied
Es ist eine Wunde die niemals richtig heilt...
Ich sag' mal so: Es kann nicht der Sinn des Lebens sein, an der Trauer um einen geliebten Menschen zu zerbrechen. Denn dass geliebte Menschen vor einem sterben, gehört zum Leben. Und es kann eben auch sein, dass sie "zu früh" und plötzlich und unerwartet sterben. Das kommt häufiger vor als man denkt. Aber das erkennt man wohl erst, wenn es einen selbst trifft.

Normal ist wohl, dass der Schmerz mit den Jahren nachlässt. Vermissen wird man einen geliebten Menschen aber immer, zumindest wird man auch nach 10 Jahren noch sehr bedauern, dass er nicht mehr bei einem ist.

Ob jemand in dieser Situation sagt: "Die Zeit heilt alle Wunden", ist eigentlich gar nicht so wichtig.

Viel wichtiger wäre, wenn das Umfeld sich die Mühe machen würde, mal fünf Minuten darüber nachzudenken, was der Tod eines geliebten Menschen für die engsten Angehörigen je nach deren persönlichen Lebensumständen bedeutet, und sein Verhalten gegenüber den Hinterbliebenen danach ausrichten würde.

Es macht nämlich einen großen Unterschied, ob z.B. mein Partner stirbt,
  • wenn er in einem Alter war, in dem die meisten Menschen sterben bzw. längst tot sind
  • wenn ich darauf vorbereitet war und wir uns bewusst voneinander verabschieden konnten
  • wenn ich noch Kinder zu versorgen und somit eine sinnvolle Aufgabe habe,
  • wenn noch andere nahestehende Personen/Verwandte mit mir in einem Haushalt bzw. im selben Haus oder in der unmittelbaren Nachbarschaft leben, mit denen ich jederzeit sprechen kann
  • wenn meine Eltern oder Schwiegereltern noch leben und mich unterstützen,
  • wenn meine erwachsenen Kinder mich regelmäßig anrufen und besuchen,
  • wenn ich guten Kontakt zu Geschwistern oder Freunde vor Ort wohnen habe, die mich mal einladen oder bei mir vorbeischauen
  • wenn ich in einem Alter bin, in dem eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass ich noch mal einen Partner finden werde
oder
  • wenn der Partner noch relativ jung war und die meisten Menschen in dem Alter noch leben
  • wenn er plötzlich und unerwartet aus dem Leben gerissen wurde
  • wenn ich wirklich allein lebe,
  • mit meiner Trauer alleingelassen werde,
  • keine nahen Angehörigen (oder aus triftigen Gründen keinen Kontakt zu diesen) habe
  • auch keine Freunde vor Ort wohnen habe und
  • mit hoher Wahrscheinlichkeit für den Rest meines Lebens allein bleiben werde, weil ich zu alt oder aus anderen Gründen als Frau nicht der Typ für die breite Masse der Männer bin und
  • wenn ich in einem anspruchsvollen, stressigen Beruf mit Führungsverantwortung obendrein noch stark gefordert bin und zu funktionieren habe.
In den zuletzt genannten Fällen trifft mich der Tod meines Seelengefährten ungleich härter.

Ich denke allerdings tatsächlich auch, dass es immer noch vom Einzelfall abhängt, wie sich ein solcher Schmerz entwickelt. Von der Intensität der Beziehung; ob die "natürliche Reihenfolge eingehalten" wurde; ob der Tod womöglich sogar eine Erlösung war; wie der eigene soziale Rückhalt ist, also ob man Trost durch nahestehende Menschen erfährt oder allein damit umgehen muss etc. etc. Und ich finde, dass das dann auch beeinflusst, wie gut man mit alledem klar kommt.
Genauso ist es.

Aber die Mühe, darüber auch nur mal fünf Minuten nachzudenken, macht sich kaum einer. So wichtig ist man so gut wie niemandem. Wirklich guten Freunden vielleicht - die sind aber höchst rar gesät. Sonst aber macht sich niemand Gedanken - nicht mal für eine Minute. Nicht die Nachbarn, nicht die Arbeitskollegen (okay, denen offenbart man allerdings auch nicht seine gesamte private Situation), aber auch - und das ist das Schäbigste - nicht mal Verwandte, die einen von klein auf und auch die persönliche Lebenssituation kennen. Ich habe es ja selbst bei meiner Cousine erlebt.

Und das führt nur dazu, dass man sich innerlich von den besagten Personen noch mehr entfernt.
Man kann dann höchstens darauf hoffen, auch im fortgeschrittenen Alter mit den Jahren noch ein paar neue Kontakte zu finden.

Mit Leuten, die mich meinem Schicksal überlassen, weil sie sich in dem Triumph sonnen, aufgrund ihrer Lebensumstände in einer vergleichbaren Situation ohnehin nicht auf meinen Beistand angewiesen zu sein, will ich jedenfalls nichts mehr zu tun haben. Ich schlage keinen Krach, rücke aber von ihnen ab. Und falls deren Partner oder ein anderer naher Angehöriger auch mal vor ihnen stirbt und ich dann noch leben sollte, brauchen sie mit mir auch nicht zu rechnen. Sie kümmern sich umgekehrt ja auch nicht.

Insgesamt habe ich sogar noch Glück gehabt. Immerhin begleiten mich im Rahmen ihrer Möglichkeiten drei nahestehende Personen (Freunde) und halten regelmäßig Kontakt zu mir, auch wenn sie leider alle nicht vor Ort wohnen. Möchte mal wissen, was ich ohne sie gemacht hätte. Da hätte ich mich gleich in Psychotherapie begeben müssen, nur damit ich mal über meine Trauer und meinen verstorbenen Partner sprechen kann. Ein Armutszeugnis für unsere Gesellschaft.

Ich habe weitläufig Verwandte weit entfernt im Ausland wohnen. Diese haben sich während des Trauerjahres per Mail intensiver um mich gekümmert und besser nachvollziehen können, was der Tod meines Partners für mich bedeutet, als meine oben genannte Cousine, die in meinem Alter ist und mich von klein auf kennt oder besser gesagt, zu kennen glaubt. Selbst meine Haushaltshilfe, die meinen Partner gar nicht mehr kennen gelernt hatte, hat mehr Anteilnahme gezeigt als sie.
 
Zuletzt bearbeitet:

cafard

Sehr aktives Mitglied
"Aber die Mühe, darüber auch nur mal fünf Minuten nachzudenken, macht sich kaum einer."

Und genau das wäre das Allerwichtigste überhaupt. Wenn die Leute das täten, sähe unsere Welt schon ganz anders aus!
 

Sarnade

Aktives Mitglied
"Aber die Mühe, darüber auch nur mal fünf Minuten nachzudenken, macht sich kaum einer."

Und genau das wäre das Allerwichtigste überhaupt. Wenn die Leute das täten, sähe unsere Welt schon ganz anders aus!
Wenn man am Verhalten spürt, dass jemand sich diese Mühe gemacht hat, reagiert man als trauernde Person auch nicht empfindlich, falls dieser Spruch "Die Zeit heilt alle Wunden" kommt. Dann wird man ihn allenfalls als gut gemeinten, aber etwas unbeholfenen Trostversuch empfinden. Denn dann kommen von der betreffenden Person außer diesem Spruch ja wohl auch noch andere zumutbare Gesten der Anteilnahme statt Taktlosigkeiten oder komplettem "Abtauchen".

Viel schlimmer und kritikwürdiger ist es, wenn man sich einer trauernden Person spätestens in der eigentlichen, oft monatelangen Trauerphase nach der Beerdigung des Verstorbenen entzieht, obwohl man weiß oder wissen könnte, dass sie vor Ort keinen oder kaum einen nahestehenden Menschen hat, dem sie sich mitteilen kann. Egal, was für hehre Worte des Trostes man zuvor auf der Beileidskarte oder bei der Beisetzung gefunden hat. Taten und Gesten, ebenso wie Taktgefühl, sind in solchen Fällen viel wichtiger als Worte.
 
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