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Die Zeit heilt alle Wunden... blablabla...

G

Gelöscht 126321

Gast
Ich sag' mal so: Es kann nicht der Sinn des Lebens sein, an der Trauer um einen geliebten Menschen zu zerbrechen. Denn dass geliebte Menschen vor einem sterben, gehört zum Leben. Und es kann eben auch sein, dass sie "zu früh" und plötzlich und unerwartet sterben. Das kommt häufiger vor als man denkt. Aber das erkennt man wohl erst, wenn es einen selbst trifft.

Normal ist wohl, dass der Schmerz mit den Jahren nachlässt. Vermissen wird man einen geliebten Menschen aber immer, zumindest wird man auch nach 10 Jahren noch sehr bedauern, dass er nicht mehr bei einem ist.

Ob jemand in dieser Situation sagt: "Die Zeit heilt alle Wunden", ist eigentlich gar nicht so wichtig.

Viel wichtiger wäre, wenn das Umfeld sich die Mühe machen würde, mal fünf Minuten darüber nachzudenken, was der Tod eines geliebten Menschen für die engsten Angehörigen je nach deren persönlichen Lebensumständen bedeutet, und sein Verhalten gegenüber den Hinterbliebenen danach ausrichten würde.

Es macht nämlich einen großen Unterschied, ob z.B. mein Partner stirbt,
  • wenn er in einem Alter war, in dem die meisten Menschen sterben bzw. längst tot sind
  • wenn ich darauf vorbereitet war und wir uns bewusst voneinander verabschieden konnten
  • wenn ich noch Kinder zu versorgen und somit eine sinnvolle Aufgabe habe,
  • wenn noch andere nahestehende Personen/Verwandte mit mir in einem Haushalt bzw. im selben Haus oder in der unmittelbaren Nachbarschaft leben, mit denen ich jederzeit sprechen kann
  • wenn meine Eltern oder Schwiegereltern noch leben und mich unterstützen,
  • wenn meine erwachsenen Kinder mich regelmäßig anrufen und besuchen,
  • wenn ich guten Kontakt zu Geschwistern oder Freunde vor Ort wohnen habe, die mich mal einladen oder bei mir vorbeischauen
  • wenn ich in einem Alter bin, in dem eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass ich noch mal einen Partner finden werde
oder
  • wenn der Partner noch relativ jung war und die meisten Menschen in dem Alter noch leben
  • wenn er plötzlich und unerwartet aus dem Leben gerissen wurde
  • wenn ich wirklich allein lebe,
  • mit meiner Trauer alleingelassen werde,
  • keine nahen Angehörigen (oder aus triftigen Gründen keinen Kontakt zu diesen) habe
  • auch keine Freunde vor Ort wohnen habe und
  • mit hoher Wahrscheinlichkeit für den Rest meines Lebens allein bleiben werde, weil ich zu alt oder aus anderen Gründen als Frau nicht der Typ für die breite Masse der Männer bin und
  • wenn ich in einem anspruchsvollen, stressigen Beruf mit Führungsverantwortung obendrein noch stark gefordert bin und zu funktionieren habe.
In den zuletzt genannten Fällen trifft mich der Tod meines Seelengefährten ungleich härter.

Genauso ist es.

Aber die Mühe, darüber auch nur mal fünf Minuten nachzudenken, macht sich kaum einer. So wichtig ist man so gut wie niemandem. Wirklich guten Freunden vielleicht - die sind aber höchst rar gesät. Sonst aber macht sich niemand Gedanken - nicht mal für eine Minute. Nicht die Nachbarn, nicht die Arbeitskollegen (okay, denen offenbart man allerdings auch nicht seine gesamte private Situation), aber auch - und das ist das Schäbigste - nicht mal Verwandte, die einen von klein auf und auch die persönliche Lebenssituation kennen. Ich habe es ja selbst bei meiner Cousine erlebt.

Und das führt nur dazu, dass man sich innerlich von den besagten Personen noch mehr entfernt.
Man kann dann höchstens darauf hoffen, auch im fortgeschrittenen Alter mit den Jahren noch ein paar neue Kontakte zu finden.

Mit Leuten, die mich meinem Schicksal überlassen, weil sie sich in dem Triumph sonnen, aufgrund ihrer Lebensumstände in einer vergleichbaren Situation ohnehin nicht auf meinen Beistand angewiesen zu sein, will ich jedenfalls nichts mehr zu tun haben. Ich schlage keinen Krach, rücke aber von ihnen ab. Und falls deren Partner oder ein anderer naher Angehöriger auch mal vor ihnen stirbt und ich dann noch leben sollte, brauchen sie mit mir auch nicht zu rechnen. Sie kümmern sich umgekehrt ja auch nicht.

Insgesamt habe ich sogar noch Glück gehabt. Immerhin begleiten mich im Rahmen ihrer Möglichkeiten drei nahestehende Personen (Freunde) und halten regelmäßig Kontakt zu mir, auch wenn sie leider alle nicht vor Ort wohnen. Möchte mal wissen, was ich ohne sie gemacht hätte. Da hätte ich mich gleich in Psychotherapie begeben müssen, nur damit ich mal über meine Trauer und meinen verstorbenen Partner sprechen kann. Ein Armutszeugnis für unsere Gesellschaft.

Ich habe weitläufig Verwandte weit entfernt im Ausland wohnen. Diese haben sich während des Trauerjahres per Mail intensiver um mich gekümmert und besser nachvollziehen können, was der Tod meines Partners für mich bedeutet, als meine oben genannte Cousine, die in meinem Alter ist und mich von klein auf kennt oder besser gesagt, zu kennen glaubt. Selbst meine Haushaltshilfe, die meinen Partner gar nicht mehr kennen gelernt hatte, hat mehr Anteilnahme gezeigt als sie.
Ein "was ist schlimmer"-Ranking finde ich persönlich für solche Situationen, Verlust eines geliebten Menschen, auch nicht hilfreich, sondern anmaßend. Wenn man natürlich den Anspruch hat, dass die ganze Welt anerkennen muss, dass man es so schwer hat wie niemand sonst, werden Enttäuschungen wohl vorprogrammiert sein.
 

Sarnade

Aktives Mitglied
Ein "was ist schlimmer"-Ranking finde ich persönlich für solche Situationen, Verlust eines geliebten Menschen, auch nicht hilfreich, sondern anmaßend. Wenn man natürlich den Anspruch hat, dass die ganze Welt anerkennen muss, dass man es so schwer hat wie niemand sonst, werden Enttäuschungen wohl vorprogrammiert sein.
Intelligenz ist die Fähigkeit, Unterschiede erkennen zu können. Die Userin/der User Pfefferminzdrops verfügt über dese Intelligenz. Aber nicht jedem sind Textverständnis und Sprachkompetenz gegeben. Es gibt ja auch Berufe, für die man das nicht im Übermaß braucht.😎

Manche Leute kapieren gewisse Dinge eben erst, wenn sie selber unter denkbar ungünstigen Lebensumständen einen geliebten Menschen verlieren. Manche erleben so etwas auch erst, wenn sie schon im vorgerückten Alter sind.

Diejenigen, die vorher bei Schicksalsschlägen ihrer Mitmenschen die größte Klappe hatten und sich am wenigsten davon berühren ließen, klappen aber trotz sozialer Unterstützung meist am schnellsten zusammen, wenn sie selbst einen nahestehenden Menschen verlieren. Das habe ich in meinem nun schon 60-jährigen Leben immer wieder beobachten können. Bei mancher vom Leben verwöhnten Ehefrau mit viel unterstützendem familiären Anhang reicht es nach dem absehbaren Tod der 98-jährigen Mutter schon aus, dass die Lieblingsblumenhandlung geschlossen hat, um "fix und fertig" zu sein. Lächerlich.

Dass die Art und Weise, wie gut oder schlecht man Trauer bewältigt, von den von mir genannten Faktoren abhängt, kann man im Übrigen auch anderswo nachlesen. Zu dieser Erkenntnis bin längst nicht nur ich gekommen. 😎
 
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Insta

Sehr aktives Mitglied
oder
  • wenn ich wirklich allein lebe,
  • mit meiner Trauer alleingelassen werde,
  • keine nahen Angehörigen (oder aus triftigen Gründen keinen Kontakt zu diesen) habe
  • auch keine Freunde vor Ort wohnen habe und
  • mit hoher Wahrscheinlichkeit für den Rest meines Lebens allein bleiben werde, weil ich zu alt oder aus anderen Gründen als Frau nicht der Typ für die breite Masse der Männer bin und
  • wenn ich in einem anspruchsvollen, stressigen Beruf mit Führungsverantwortung obendrein noch stark gefordert bin und zu funktionieren habe.
Kann es sein dass sich die Anteilnahme in Grenzen hält weil die oben genannten Punkte vor allem selbst "verschuldet" sind?

Vielleicht kann man die Zeit der Trauer auch mal nutzen um Selbstreflektion zu betreiben.
 

kasiopaja

Urgestein
Intelligenz ist die Fähigkeit, Unterschiede erkennen zu können. 😎 Die Userin/der User Pfefferminzdrops verfügt über dese Intelligenz. Aber nicht jedem sind Textverständnis und Sprachkompetenz gegeben. Es gibt ja auch Berufe, für die man das nicht im Übermaß braucht.

Manche Leute kapieren gewisse Dinge eben erst, wenn sie selber unter denkbar ungünstigen Lebensumständen einen geliebten Menschen verlieren.

Diejenigen, die vorher bei anderen die größte Klappe hatten, klappen aber trotz sozialer Unterstützung meist am schnellsten zusammen, wenn sie selbst einen nahestehenden Menschen verlieren. Das habe ich in meinem nun schon 60-jährigen Leben immer wieder beobachten können. Bei mancher vom Leben verwöhnten Ehefrau mit viel unterstützendem familiären Anhang reicht es nach dem absehbaren Tod der 98-jährigen Mutter schon aus, dass die Lieblingsblumenhandlung geschlossen hat, um "fix und fertig" zu sein. Lächerlich.

Dass die Art und Weise, wie gut oder schlecht man Trauer bewältigt, von den von mir genannten Faktoren abhängt, kann man im Übrigen auch anderswo nachlesen. Zu dieser Erkenntnis bin längst nicht nur ich gekommen.
Das Problem ist, wenn sich Intelligenz mit Arroganz paart und das auch mehr oder weniger offen demonstriert, macht man sich nicht viele Freunde und hat dann, wenn es hart auf hart kommt, eben auch entsprechend wenig Rückhalt.
 
G

Gelöscht 126321

Gast
Es gibt auch Berufe in denen man Empathie (ja, auch für andere) offensichtlich nicht so braucht.

Andere sind halt bspw. auch nicht blind dafür und haben es erlebt, dass gerade bei "alten, über viele Jahrzehnte eine Einheit gewordenen Ehepaaren" der überlebende Ehegatte rasch auch stirbt bzw. plötzlich schwer krank wird unmittelbar danach.

Menschen, die sowas bei anderen erlebt und mitgefühlt haben, würden auch nicht auf die Idee kommen, einer Mutter mit kleinen Kindern zu sagen, dass sie ja noch ne "sinnvolle Aufgabe" hat. Nicht in dem Sinne, dass damit ihr Schmerz relativiert wird. Nicht ihrer und nicht der, den sie bei den ihr anvertrauten Kindern erlebt und der manchmal schwerer wiegt als der eigene.

Wer immerzu fremdes Leid relativiert oder dieses sogar "lächerlich" nennt, muss sich halt tatsächlich nicht wundern.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:

Binchy

Sehr aktives Mitglied
Trauer ist individuell, so wie alle Gefühle. Für manche mag dieser Spruch zutreffen, die Zeit heilt und vernarbt die Wunden und man lernt, damit umzugehen, manchmal auch zu vergessen bzw. der Schmerz verebbt und man leidet nicht mehr.

Bei anderen Menschen heilt es nie ganz, es ist wie eine nässende Wunde, die nicht schließt. Das ist bei jedem anders und es kommt natürlich auch immer darauf an, wie nahe einem der Mensch stand. Manche Verluste kann man besser tragen, weil die Bindung nicht so tief war, bei manchen Verluste bleibt die Leere lange bestehen und nichts kann sie wirklich füllen. Und nur langsam dann kommt das Leben wieder zurück und man gewinnt wieder etwas Lebensfreude.

Bei diesem Spruch kommt es für mich darauf wer ihn wie sagt: er kann ein Zeichen von Hilfslosigkeit sein, dass jemand einem was Tröstliches sagen will, aber nicht weiß wie. Es kann eine dahergeredete Floskel sein, mit der jemand schnell das unschöne Thema Trauer wegwischen will.

Und nicht jedem Menschen ist Empathie gegeben: man kann Menschen nicht dafür anklagen, dass sie nicht empathisch sind, manche können sich nun mal nicht einfühlen, das sollte man auch immer bedenken.
 
G

Gelöscht 126321

Gast
Ich hätte schon gar nicht den Anspruch, dass jeder immer "das Richtige" sagen muss, was gerade in diesem Moment Balsam für die Seele ist. Dazu sind vermutlich ja auch die meisten selber schon oft genug in Situationen gelandet, in denen man keinen adäquaten Trost (in Worten) mehr kannte; Situationen wo der Schmerz und die Ohnmacht zu stechend im Raume standen und man dies auch nicht "kleinreden", sondern wo man dem Platz lassen wollte. Aber da kann man den anderen ja immer noch einfach in den Arm nehmen, mitweinen......

Und wenn man dem anderen nicht nahe genug steht dafür, oder wenn man sich nicht wirklich einfühlen kann oder möchte: gerade DAS wäre ja ein Argument dagegen, dem anderen mit irgendwelchen Worthülsen zu kommen, wenn man gar keine Ahnung hat auf welchen Boden sowas fällt....Sprüche, die ja auch leicht als "sagt man dann halt so" identifizierbar sind. Man kann es auch einfach bei der bloßen Beileidsbekundung belassen. Zumindest wenn man sich soweit reflektieren kann, dass man nicht "gut" in sowas ist.
 

Sarnade

Aktives Mitglied
Und nicht jedem Menschen ist Empathie gegeben: man kann Menschen nicht dafür anklagen, dass sie nicht empathisch sind, manche können sich nun mal nicht einfühlen, das sollte man auch immer bedenken.
Am besten können sich diejenigen Menschen einfühlen, die Vergleichbares unter ähnlichen Lebensumständen erlebt haben.

Ich habe das nach dem Tod meines Partners bei einer inzwischen 92-jährigen Dame erlebt, deren Mann ein Cousin meines Vaters war. Er war vor nunmehr 44 Jahren auch ganz plötzlich und unerwartet verstorben. Er war damals 53 oder 54, seine Frau 48 und die jüngste Tochter erst acht Jahre alt. Diese Verwandte lebt inzwischen im Seniorenheim, kann kaum noch sehen und beauftragte ihre Tochter dennoch, mir mitzuteilen, dass sie wisse, was es heißt, wenn der geliebte Partner so plötzlich und unerwartet und noch dazu viel zu früh aus dem Leben gerissen wird. Einer ihrer Söhne war übrigens schon im Alter von sieben Jahren tödlich verunglückt, etwa zehn Jahre, bevor sie auch noch so früh ihren Mann verlor.

Auffallend ist, dass gerade Menschen, die selber schwere Schicksalsschläge hinter sich haben, bei Leiderfahrungen anderer oft am meisten Mitgefühl zeigen. Bei den Menschen, bei denen nichts Außergewöhnliches in der Hinsicht vorgefallen ist, findet man dieses Empathievermögen wesentlich seltener. Da kommen schon mal eher taktlose Sprüche und Verhaltensweisen. Oder man lässt das Ganze nicht so nah an sich heran, vielleicht aus der abergläubischen Vorstellung heraus, dass man anderenfalls selber ein vergleichbares Unglück erleiden könnte.
 
Zuletzt bearbeitet:

kasiopaja

Urgestein
Am besten können sich diejenigen Menschen einfühlen, die Vergleichbares unter ähnlichen Lebensumständen erlebt haben.

Ich habe das nach dem Tod meines Partners bei einer inzwischen 92-jährigen Dame erlebt, deren Mann ein Cousin meines Vaters war. Er war vor nunmehr 44 Jahren auch ganz plötzlich und unerwartet verstorben. Er war damals 53 oder 54, seine Frau 48 und die jüngste Tochter erst acht Jahre alt. Diese Verwandte lebt inzwischen im Seniorenheim, kann kaum noch sehen und beauftragte ihre Tochter dennoch, mir mitzuteilen, dass sie wisse, was es heißt, wenn der geliebte Partner so plötzlich und unerwartet und noch dazu viel zu früh aus dem Leben gerissen wird. Einer ihrer Söhne war übrigens schon im Alter von sieben Jahren tödlich verunglückt, etwa zehn Jahre, bevor sie auch noch so früh ihren Mann verlor.

Auffallend ist, dass gerade Menschen, die selber schwere Schicksalsschläge hinter sich haben, bei Leiderfahrungen anderer oft am meisten Mitgefühl zeigen. Bei den Menschen, bei denen nichts Außergewöhnliches in der Hinsicht vorgefallen ist, findet man dieses Empathievermögen wesentlich seltener. Da kommen schon mal eher taktlose Sprüche und Verhaltensweisen. Oder man lässt das Ganze nicht so nah an sich heran, vielleicht aus der abergläubischen Vorstellung heraus, dass man anderenfalls selber ein vergleichbares Unglück erleiden könnte.
Ich finde, dass eher enge Freunde, auch wenn sie diese Erfahrung nicht gemacht haben, die sind, die einem am meisten helfen.
 

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