Hallo Immy30sera,
was hältst du von folgender Idee: Du könntest dich mal mit deiner Mutter zusammensetzen, wenn ihr beide viel Zeit habt, und diese Grenzkonflikte mit ihr grundsätzlich klären. Du könntest ihr sagen, dass du sie sehr gern hast. Und dass du früher oft unsicher warst und sie deshalb viel um Rat gefragt hast. Dass du sie
zu lange um Rat gefragt hast. Dass dein 18. Geburtstag sehr lange her ist, du längst erwachsen bist, mit deinem Leben gut klar kommst und du in Zukunft
keinerlei Einmischungen mehr willst. Dass du all ihre Ratschläge und Forderungen ab jetzt als Einmischungen betrachtest. Als Übergriffe und Grenzüberschreitungen. Und du kannst dir ja vorher ausdenken, wie du generell reagieren willst, falls sie es doch wieder tut. Und ich denke, die Folgen für sie sollten hart und konsequent sein, sonst nutzt es nichts und ihr seid bald wieder im alten Fahrwasser.
Es geht um eine Art Schnitt in der Beziehung, einen neuen Anfang.
Ich hab die Idee von dem europaweit bekannten Familientherapeuten Jesper Juul. In mehreren Fallbeispielen hab ich gelesen, dass, wenn Eltern während der Therapie verstanden haben, dass sie mit einem Kind sein Leben lang ziemlich falsch umgegangen sind, er vorgeschlagen hat, eine Neuanfangs-Zeremonie zu feiern. Dem Kind zu sagen, dass sie große Fehler gemacht haben und sich jetzt bemühen wollen, es besser zu machen.
Wobei ich natürlich nicht denke, dass du dich entschuldigen musst.
Jesper Juul sagte, dass ganz viele Teenager dieselbe Botschaft an ihre Eltern haben: "Get a life"! Offenbar hat sie für sich noch keine andere oder ausfüllende Rolle für sich gefunden als die der Mutter, sich auch noch nicht drum bemüht.
Sie hat anscheinend etliche Baustellen. Du könntest ihr in dem Gespräch sagen, dass du das Gefühl hast, dass es ihr allein nicht wirklich gut geht und dass sie für sich klären sollte, wie und mit wem sie den Rest ihres Lebens verbringen will. Wenns nicht anders geht, dann mit Beratung oder Therapie. Anscheinend hat sie ihre Unfall-Traumata bis heute nicht bearbeitet und verwunden. Und du bist auch nicht ihre Therapeutin. Zuhören ist das eine, aber sie müsste anscheinend etliches in ihrem Leben ändern, damit sie klarkommt, dass es ihr besser geht. Und dafür ist
sie allein verantwortlich. Dass wäre wichtig zu betonen.