Danke für das Thema!
Ich gehe bei deiner Definition weitgehend mit.
Ich denke, zusätzlich ist es für einen freiheitlich denkenden Menschen wichtig, dass er fest auf dem Boden eines humanistischen Weltbildes steht, das stets die Gleichheit (im Sinne von GleichWERTIGkeit) jedes einzelnen im Kopf behält.
Also man muss zB eine Meinung nicht tolerieren, aber man muss stets den MENSCHEN hinter dieser Meinung tolerieren.
Ich toleriere zb rechtsradikales Gedankengut in keiner Weise, denn es beinhaltet einen Angriff auf die Ideale eines freiheitlich denkenden Menschen.
Aber dennoch würde ich stets und immer dafür einstehen, dass ein Mensch auch, zB nach einer rechtsradikal motivierten Tat einen fairen Prozess nach allen Regeln des Rechtsstaates bekommt.
Und ja: ich denke Freiheit, Toleranz, Humanismus, Rechtsstaatlichkeit sind Dinge, die auch mal weh tun können. Und genau DAS kapieren viele nicht.
Sie haben da eine gewisse "Selbstbedienungsmentalität" und für sie bedeutet Freiheit, das zu tun, was sie wollen, bzw sich das zu nehmen, wonach ihnen ist und möglichst keinen Widerspruch oder gar Widerstand zu ernten. Das ist aber nicht Freiheit - das wäre eher Diktatur- eine Art Diktatur des einzlnen, wo letztlich der Stärkere gewinnt.
Unsere freiheitliche Welt kann nur existieren, wenn wir auch bereit sind, dafür Opfer zu bringen und DAS muss wieder fester in die Köpfe der Leute rein.
Also zB kann es natürlich sein dass meine persönlichen Interessen oder Vorlieben, sich mit dem Ideal des großen und ganzen beißen: Also nehmen wir an, ich bin einfach der Meinung, dass ich gerne nackt durch die Straße laufe. So muss ich das doch einschränken, um eben in einer freiheitlichen Welt nicht die Interessen anderer zu schädigen. Denn es gibt neben meinem Wunsch, nackt rumzulaufen auch noch andere Wünsche und Interessen, die genausowichtig und/oder in Summe noch wichtiger sind. (ZB Jugendschutz oder sowas)
So wiegt eine freiheitlich denkende Gesellschaft Freiheiten stets ab und jeder einzlene ist eben auch angehalten, seine Freiheiten abzuwägen. Auch DAS gehört zum gegenseitigen Respekt: Dass ich in der LAge bin, zu erkennen, wann ich zurückstecken muss. Und das bedeutet eben auch nicht immer sofort aufzuschreien, wenn es MIR persönlich nicht so passt.
Viele meinen dann, man hätte ihnen ihre Freiheit genommen, weil sie nicht in der LAge sind, zu erkennen, dass man Freiheit nicht nur als die Freiheit des Einzelnen betrachten darf, sondern immer den gesamten Kontext betrachten muss.
Ich will ja schließlich nicht allein im Baumhaus leben, sondern in einer Gesellschaft, die mich mitträgt und zB Krankenhäuser baut und unterhält. Das bedeutet, dass ich von der Gesellscahft immer auch NEHME und wenn ich nehme, muss ich auch geben!
Wer immer nur das als gut definiert, was ihm selber gut tut, lebt ja nicht freiheitlich oder humanistisch, sondern eher utilitaristisch und letztlich beschränkt er sich selber.
Für mich ist ein WIRKLICH toleranter Mensch dazu in der Lage diesen Schritt mitzugehen: Also zB indem er sagt: Ja, ich fahre total gerne schnell, es ist für mich ein riesen Spaß, aber ich bin auch in der Lage zu erkennen, das ich mit dieser Vorliebe Schäden anrichte. Also muss ich wohl oder übel darauf verzichten. Meine Vorliebe ist zwar gerechtfertigt (denn ich darf diese Vorliebe haben, weil wir ein freies Land sind), sie wiegt aber die Interessen der Gemeinschaft, die mic hträgt und auf deren Boden ich lebe nicht auf.
Also verzichte ich. Und zwar nicht aus Zwang, sondern weil ich in Freiheit leben und möchte dass das so bleibt!
Denn das darf man ja auch nicht vergessen: Man LEBT auf dem Boden einer Gesellschaft und man ist gut beraten, diese Gesellschaft möglichst freiheitlich zu gestalten und zu erhalten. Wenn jeder nur an sich denkt, lebt man irgendwann nicht mehr in Freiheit und Toleranz, denn klar: IRGENDWO ist immer einer stärker als man selbst und man wird letztlich den Kürzeren ziehen. Also ist man gut beraten, den Boden nicht kaputt zu machen, auf dem man steht.
Und genau das tun zB viele Rechtsradikale gerade: Klar, sie sind wütend über zB Einwanderer. Sie wollen sie loswerden, vergessen sämtlichen Humanismus (oder sie hatten ihn nie) und wählen zugunsten ihres akuten Ziels (Einwanderer loswerden) Parteien, die eben leider auch gleich den ganzen freiheitlichen Boden, auf dem wir alle stehen, kaputt machen.
Also letztlich schneiden sie sich ins eigene Fleisch: Merken es bloß nicht, weil sie im akuten Moment eben vergessen haben, dass ECHTE Freiheit auch mal bedeutet, einen Schritt zurück zu treten und seine persönlichen Wünsche zu hinterfragen.
DAS passiert einem aber umso schwerer, je mehr man sich bedingungslos zu Respekt und Gleichheit für ALLE stellt.
Je mehr man aber sagt: "Toleranz, Respekt, ja ABER nur, wenn es mir in den Kram passt" desto mehr ist man anfällig, sich selbst den Ast abzusägen, auf dem man sitzt. Und plötzlich kämpft man nicht mehr für Freiheit und respekt, sondern für das Gegenteil.
Und das kann man im Grunde auf alle Themen der Gesellschaft anwenden: es wird immer jemanden geben, der in einem Punkt gerade mehr profitiert als ich und es wird immer Zeiten geben, da bin ich gerade der, der profitiert. Es ist ein Geben und Nehmen. Wer nur Nehmen will, macht letztlich die Freiheit für ALLE kaputt.