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Glaubenssätze, die das Leben beeinträchtigen

Status
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G

Gelöscht 126263

Gast
Ich habe in meinem Leben schon unzählige Glaubenssätze als falsch und nutzlos entlarvt und verbannt.

Aber einer hält sich hartnäckig, und der ist besonders fies: Er lautet:

"Es darf mir nicht gut gehen, sonst passiert etwas ganz Schlimmes."

Die Wurzel für diesen Glaubenssatz, der mich schon seit ewigen Zeiten begleitet, liegt vermutlich in meiner Kindheit. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich da mal so richtig ausgelassen sein durfte. Es hieß entweder "sei nicht so wild" oder "sei nicht so vorlaut" oder - die absolute Krönung - "auf Lachen folgt Weinen!"

So richtig Nahrung hat mein Glaubenssatz dann allerdings erst viel später erhalten, genauer gesagt vor exakt 20 Jahren. Da war ich mit meinem Sohn in der Küche, und wir hatten unglaublich viel Spaß miteinander. Wir waren so richtig schön am blödeln und haben uns kaputtgelacht. Ich war ganz arg glücklich.

Da läutete das Telefon. Die Polizei war dran, und fragte, ob ich die Schwester von ... sei. Ich bejahte das und fragte - immer noch lachend - was er denn angestellt habe.

Er hatte nichts angestellt. Ein Auto hatte ihn als Fußgänger erfasst und durch die Luft geschleudert (das geschah in einer Straße, in der nur Busse, aber keine Pkw fahren durften. Ein junger Mann wollte eine verbotene Abkürzung nehmen. Ein Busfahrer hatte meinem Bruder noch gewunken, um zu signalisieren, dass die Straße frei wäre, als der junge Pkw-Fahrer mit stark erhöhter Geschwindigkeit hinter dem Bus hervorschoss. Mein Bruder hatte keine Chance).

Mir wurde mitgeteilt, dass mein Bruder in der Uni-Klink im Koma läge. Zehn Tage später erlag er seinen schweren Verletzungen,

Situationen wie diese - total glücklich und dann eine eiskalte Dusche - habe ich noch oft erlebt, aber das war mit Abstand die heftigste.

So, und nun wütet dieser Glaubenssatz in mir und beeinträchtigt mein ganzes Leben. Das geht so weit, dass ich jedes Mal krank werde, wenn mein Sohn mit seiner Familie in den Urlaub fährt. Aus lauter Angst, dass sonst etwas passieren könnte.

Hat jemand eine Idee, wie ich dieses Ding loswerden kann?
 

Bingenervt

Aktives Mitglied
Liebe Monalina,
Ideen habe ich leider auch nicht. Göga ist aber auch jemand, der dem gleichen Glaubenssatz unterliegt. Ich für meinen Teil teile diesen Glaubenssatz nicht. Wenn man diese Kausalität herstellt, bestraft man sich eigentlich selbst dafür, dass es einem in diesem Moment gut ging und erwartet fast, dass dieses Wohlgefühl bestraft werden muss. Und nimmt vielleicht auch oft Kleinigkeiten dramatischer wahr, als sie tatsächlich sind. Damit meine ich nicht den Unfall deines Bruders.

Ich stelle solche Zusammenhänge gar nicht her. Und auch ich hab schon einige Schicksalsschläge gehabt. Das Eine hat mit dem Anderen nichts zu tun. Zentral dürften vermutlich das Thema Bestrafung und Verantwortlichkeit sein.
 
Zuletzt bearbeitet:

Werner

Sehr aktives Mitglied
Hallo Monalina,
in der Therapeutenausbildung lernt man, dass sich unerwünschte/unwahre Glaubenssätze durch erwünschte/wahre ersetzen lassen. Wie genau das beim Einzelnen funktioniert, muss man zuerst herausfinden – und dieses Muster dann auf den betreffenden Glaubenssatz anwenden.

Wenn du magst, geh' mal in dich und schau, in welcher Form bei dir die erwünschten Glaubenssätze abgespeichert sind (als Stimme? als Schrift? mit einem Bild kombiniert?). Und dann im Vergleich dazu der unerwünschte Glaubenssatz. Dann musst du dir einen bereitlegen, durch den du den unerwünschten ersetzen möchtest. Nun bleibt zu klären, wie bei dir das Austauschen funktioniert. Auch das ist nicht einheitlich und je nach Gehirn anders. Manche schreiben sich den alten ganz klein auf einen Zettel und den neuen groß und bunt. Andere sprechen ihn sich auf Band und hören es sich beim Einschlafen an.

Wichtig ist, dass der neue, der den alten ersetzen soll, gut überlegt und stimmig ist. Vermutlich ist es besser, das mit einer Therapeutin zu besprechen und sich dafür Zeit zu nehmen. Aber manchmal klappt es auch alleine. Irgendwie muss halt dein Unbewusstes erreicht werden, weil der miese Glaubenssatz dort verankert wurde durch den emotionalen Schock.

Soviel mal als Anregung.
Alles Gute!
Werner

P.S. Ich kenne ähnliche Muster wie du sie schilderst von mir, da ich auch manches Heftige erlebt habe. Mir hat es geholfen, den Glaubenssatz, der sich als unwahr erwies, einfach zu ignorieren und mich damit zu arrangieren, dass manchmal im Leben auch heftige Sachen passieren und dass das okay ist. Er hat sich dann einfach verflüchtigt. Klappt aber nicht bei jedem ;)
 
G

Gelöscht 126321

Gast
Spricht mich sehr an Dein Beitrag, weil ich ähnliches bei mir erkenne.
Allerdings habe ich auch kein gutes Rezept dagegen - sonst würde ich das wohl auch für mich nutzen.
Vielleicht hilft es Dir trotzdem, zu lesen, dass es anderen ähnlich geht - deswegen schreibe ich jetzt hier auch mangels "guter Ratschläge".

Ich kenne das mit DEM Anruf, der das Leben veränderte. 2002.
Bei mir war es ein Suizid.......dem ging ein Wochenende voraus, das sehr vollgestopft war mit Freizeitaktivitäten (so dass ich schon welche absagen musste, um Zeit für andere zu haben) und der Hilfe bei einem Umzug. Es war alles unbeschwert - vielleicht habe ich mich so nie wieder gefühlt. Ich habe nicht geahnt, gar nichts von der Katastrophe, die da auf mich zukommen wird. Bei mir ist es weniger der Glaubenssatz, dass ich eine Kausalität sehe zwischen Glück und Katastrophe. Sondern ich mache es mir zum Vorwurf, dass ich hätte alarmiert sein müssen. Ich habe es mir in Folge sogar zum Vorwurf gemacht, dass ich so zeitaufwändig bei einem Umzug half (statt mich um die betreffende Person zu kümmern.....denn die war doch VIEL wichtiger als die Person, die umzog). Die Auswirkungen sind vermutlich ähnlich.....unterbewusst hat sich da wohl sowas eingebrannt, dass es gefährlich ist, unbeschwert zu sein, nicht aufmerksam genug.....dass man gar nicht mehr unbeschwert sein darf, es nicht verdient zu haben, weil man es damals war fataler Weise? Vielleicht dürfte man sich nicht so wichtig nehmen? Aber das ist ja eigentlich schon wieder ein neuer Vorwurf an einen selbst, der die Stimmung auch nicht hebt. :)
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:

Enie

Aktives Mitglied
Hallo @Monalina
In meiner Erfahrung hat so ein Glaubenssatz mit Schuld (und auch Scham) zu tun, mit dem Gefühl, nicht sich selbst sein zu dürfen, sonst geht es anderen schlecht.

Was du aus deiner Kindheit beschreibst, könnte dies auslösen, vielleicht stimmt es für dich aber auch nicht.

Der Tod deines Bruders ist tragisch und das tut mir sehr leid.
Ich denke, es war ein sehr blöder Zufall, dass das in Verbindung mit deiner Ausgelassenheit mit deinem Sohn geschah und deshalb macht dein Gehirn (verständlicherweise) eine komplett falsche Verknüpfung.
Dein Übermut und Frohsinn an jenem Tag haben absolut nichts mit dem Unfall deines Bruders zu tun. Einfach nichts.

Vielleicht kannst du dich fragen, wer sagte dies zu dir als Kind und was war deren Motivation?

Ich möchte dir sagen, sei so fröhlich wie du willst! Und wenn es dir heute jemand übel nimmt, ist das deren Problem.
Alles Gute 🍀.
 
Zuletzt bearbeitet:
M

Meinung123

Gast
Ich habe in meinem Leben schon unzählige Glaubenssätze als falsch und nutzlos entlarvt und verbannt.

Aber einer hält sich hartnäckig, und der ist besonders fies: Er lautet:

"Es darf mir nicht gut gehen, sonst passiert etwas ganz Schlimmes."

Die Wurzel für diesen Glaubenssatz, der mich schon seit ewigen Zeiten begleitet, liegt vermutlich in meiner Kindheit. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich da mal so richtig ausgelassen sein durfte. Es hieß entweder "sei nicht so wild" oder "sei nicht so vorlaut" oder - die absolute Krönung - "auf Lachen folgt Weinen!"

So richtig Nahrung hat mein Glaubenssatz dann allerdings erst viel später erhalten, genauer gesagt vor exakt 20 Jahren. Da war ich mit meinem Sohn in der Küche, und wir hatten unglaublich viel Spaß miteinander. Wir waren so richtig schön am blödeln und haben uns kaputtgelacht. Ich war ganz arg glücklich.

Da läutete das Telefon. Die Polizei war dran, und fragte, ob ich die Schwester von ... sei. Ich bejahte das und fragte - immer noch lachend - was er denn angestellt habe.

Er hatte nichts angestellt. Ein Auto hatte ihn als Fußgänger erfasst und durch die Luft geschleudert (das geschah in einer Straße, in der nur Busse, aber keine Pkw fahren durften. Ein junger Mann wollte eine verbotene Abkürzung nehmen. Ein Busfahrer hatte meinem Bruder noch gewunken, um zu signalisieren, dass die Straße frei wäre, als der junge Pkw-Fahrer mit stark erhöhter Geschwindigkeit hinter dem Bus hervorschoss. Mein Bruder hatte keine Chance).

Mir wurde mitgeteilt, dass mein Bruder in der Uni-Klink im Koma läge. Zehn Tage später erlag er seinen schweren Verletzungen,

Situationen wie diese - total glücklich und dann eine eiskalte Dusche - habe ich noch oft erlebt, aber das war mit Abstand die heftigste.

So, und nun wütet dieser Glaubenssatz in mir und beeinträchtigt mein ganzes Leben. Das geht so weit, dass ich jedes Mal krank werde, wenn mein Sohn mit seiner Familie in den Urlaub fährt. Aus lauter Angst, dass sonst etwas passieren könnte.

Hat jemand eine Idee, wie ich dieses Ding loswerden kann?
Zwei Ideen, wobei ich nicht weiß, ob dir eine davon weiterhelfen kann. Das eine, was mir zumindest bisschen geholfen hat, ist diese Spruchsammlung, die schon seit Ewigkeiten durchs Internet geistert:


Du kannst versuchen, sehr bewußt die Taoismus-Variante anstelle der Katholizismus-Variante zu setzen.

Das andere ist folgende: für mich klingt diese Idee, dass es gefährlich ist, zu glücklich zu sein, sehr nach einer Warnung vor dem, was im antiken Griechenland Hybris genannt wurde.

Diese Idee ist in unsere Kultur eingewoben auch wenn manche Menschen dieses Gedankengut weit stärker tragen als andere.

Vgl dazu z. B die Ballade 'Der Ring des Polykrates' von Schiller.


Rational ist dir natürlich klar, dass das eine Erlebnis nichts mit dem anderen zu tun haben kann, so traurig und tragisch es auch ist. Du brauchst einen emotionalen Trick. Vielleicht kannst du dir eher erlauben, glücklich zu sein, wenn du als 'Gegengabe' etwas tust, was für dich symbolisiert, dass du mit anderem Leben verbunden bist, ein Teil des Universums.

Vielleicht kannst du eine Spendendose bei dir aufstellen, wo du aus Dank paar Cent einwirfst, wenn du das Gefühl hast zu glücklich zu sein und wenn sie dann voll ist, spendest du das Geld für einen guten Zweck?

Oder du wirfst beim nächsten Spaziergang eine herumliegende Plastiktüte in den Müll?

Oder du gönnst dir 10 Minuten Metta Meditation?
 
G

Gelöscht 126263

Gast
Das sind super tolle Anregungen, vielen Dank erst mal!
 

GrayBear

Aktives Mitglied
Bei mir hat nur eines funktioniert: Humor. Dass diese Sätze einfach nur Gedankenmüll sind und so viel Sinn ergeben, als ob man mit einem Fisch Scrabble spielt, ist Dir und mir doch klar, oder? Und doch bleibt man daran kleben, wie eine Mücke an der Fliegenfalle. Aber irgendwann wird alles langweilig und dann musste ich einfach lachen über den Umstand, dass ich mir zum x-ten mal selbst auf den Leim gehen soll und dann konnte ich es sein lassen. So einige Gedanken kommen doch immer wieder, aber ich empfange sie mit einem Lachen: "Oh je, ihr schon wieder" und lasse sie ziehen. Sich selbst nicht zu ernst zu nehmen ist für mich der Schlüssel. Ich hoffe für Dich, dass Du Deinen Schlüssel bald findest.
 
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