Mir geht es in der Softwareentwicklung genauso. Ein Projekt jagt das nächste, eins gesellschaftlich nutzloser als das andere. Auch mich nervt es am meisten, dass ich einfach nicht mehr von Anfang bis Ende in einem Projekt bin, sondern immer nur in das Projekt reingestopft werde, das gerade am meisten brennt. Also zu einer Zeit, in der absolut keiner Zeit hat, einem auch mal was zu zeigen (nicht, dass zuvor irgendwas dokumentiert würde). Man soll dann von heute auf morgen was ganz anderes machen, weil "hat ja auch was mit IT zu tun". Die Zeit, das dann auch in Ruhe zu lernen, kriegt man nicht, weil das Projekt brennt ja. Kann sich der Mitarbeiter ja in der Freizeit selber beibringen. Und kaum hat man halbwegs seine Routine, wird man wieder ins nächste brennende Projekt gestopft...
Die einfachen und schönen 80% der Arbeit wurden schon gemacht, man soll dann den restlichen Krampf fixen, den der Vorgänger (nicht selten in Indien sesshaft) verpfuscht hat.
Wegschmeißen und neu machen geht natürlich nicht, weil der Projektlieter will dem Chef ja nicht erklären, dass alles bereits erreichte weggeworfen wird, der Murks muss zwanghaft beibehalten werden, auch wenn es 5x länger dauert, den in nen verkaufsfähigen Zustand zu kriegen als wenn man es gescheit neu machen würde.
Und dann die tollen Entwicklungsdialoge, die sich nur darum drehen, wie man nächstes Jahr nochmals 20% effizienter werden soll (bei demselben Lohn versteht sich). Ich habe sooooo keine Lust mehr auf Effizienz, irgendwann ist das Maß eben voll. Anfangs hatte es mir ja noch Spaß gemacht, regelmäßig was neues zu lernen, aber mittlerweile will ich einfach auch mal sowas wie ne Routine haben und nicht immer nur Druck, Druck, Druck und die Sache, die ich noch nie gemacht habe, kann ich ja bis vorgestern fertig machen...
Ich habe den Eindruck, dass Corona alles zusätzlich verschlimmert hat. Klar, Home Office ist schon cool. Aber die Leute haben gar keinen Bock mehr gemeinsam zu arbeiten, jeder will alles sauber in ein Jira-Ticket packen, um das alles ja schön alleine im HO machen zu können, sich gegenseitig helfen war gestern, denn jetzt zählt der Ticketcount (wer hat wieviele abgearbeitet, in der Zeit, die man jemandem hilft, kann man auch ein Ticket für den eigenen Zähler abarbeiten).
Keine Ahnung, ich bin derzeit jedenfalls schwer am Überlegen, die IT ganz zu verlassen. Auch wenn mir Softwareentwicklung an sich sogar echt Spaß macht, aber die Rahmenbedingungen hält man echt nicht aus. Die Hoffnung, dass es anderswo besser ist, habe ich mittlerweile aufgegeben, man hört überall nur von demselben Käse.
Der einzige, der in meiner Firma noch glücklich ist, ist der Praktikant. Der hat noch die Hoffnung, dass nach dem Studium alles besser wird. Wir anderen haben die Hoffnung aufgegeben...