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Jura oder Psychologie?

Jura oder Psychologie (bzgl. Zukunftsaussichten, Gehalt, Nachfrage,…)


  • Anzahl der Umfrageteilnehmer
    24
  • Umfrage geschlossen .
Status
Für weitere Antworten geschlossen.

brandonf.

Aktives Mitglied
Macht dir dein (juristischer) Beruf demnach keinen Spaß, also du hast in dem gesamten Spektrum, das man als Jurist so abdecken kann, nichts für dich Passendes gefunden?


Prüfungsklausuren schreibt man doch anonym und nicht unter dem Klarnamen, Kontakte sind da unerheblich. In der mündlichen Prüfung bringen einem Kontakte ebenfalls nichts.
Und bei der Notengebung ist man in jedem Studienfach vom Klausuren-Korrektor abhängig.
Vom Ertrag Nutzen spreche ich, wenn ich sehe wie viele Jurastudenten sich hinter Büchern versteckt haben, fast nie auf einer Party waren, oder das Leben genossen haben, wenn man die mit Studenten anderer Studiengänge vergleicht.
Mein Auskommen als Volljurist im Öffentlichen Dienst ist gut, aber für mich persönlich hat Jura mein junges Erwachsenenleben ziemlich kaputt gemacht.


Ansonsten zur Notengebung und Umfeld.
Am besten lernt man direkt von Professoren oder wissenschaftlichen Mitarbeitern, wenn man studentische Hilfskraft wird. Da spielen Beziehungen dann eine sehr große Rolle.
Wenn man dann noch aus einem Nichtakademiker/Juristen/Haushalt kommt, erkennen die Prüfer das in den Klausuren, wenn der „Sound“ nicht stimmt (Juristen wissen, was man mit „Sound“ meint).

Man darf nicht vergessen: Eine brauchbare Lösung in einer Examensklausur bedeutet die Note „ausreichend“. Wenn man dann aber gewisse Nuancen im Stil dazupacken kann, den man wie beschrieben oben lernen und verinnerlichen kann, wird daraus ein „vollbefriedigend“. Als neuer oder Außenseiter in der juristischen Gesellschaft ist das aber sehr sehr schwer.

Anonym ist man dann in der mündlichen Prüfung nicht mehr. Die Prüfer wissen vier Wochen vorher Bescheid und natürlich wird ein Prüfling der in einer renommierten Kanzlei seine Station absolviert hat oder studentische Hilfskraft war um einiges wohlwollender beurteilt. Alle Vornoten, Lebensläufe, Bewertungen in den einzelnen Stationen liegen den Prüfern beim 2.Staatsexamen vor.

Prüfer sprechen ja selbst davon, wer über eine gewisse Note „gehoben“ werden soll.
Ich persönlich kann nur abraten und würde mich heute anders entscheiden.
Es gibt erfüllendere Wege in den höheren Dienst, wenn man sich dafür interessiert und in der freien Wirtschaft hätte ich heute auch keine Lust mich als Anwalt abzustrampeln.
 

HeartAttack

Aktives Mitglied
@brandonf. , danke für deine ausführliche Antwort.

Ich kannte auch Juristen, die es auf Parties haben krachen lassen, genauso wie Studenten anderer Fächer, das war eher typabhängig als fachabhängig. Und naja, wenn man man ein bestimmtes Fach studiert, weil man unbedingt später in einer bestimmten Berufsrichtung arbeiten will, dann muss man sich halt ggf hinsetzen und lernen anstatt Party zu machen. Macht man dann auch gerne, wenns fürs spätere Leben ist und es einen inhaltlich interessiert, so hab jedenfalls ich das gesehen.
Dass man mit Beziehungen leichter einen Job an der Uni findet, habe ich auch bemerkt, aber das gilt für alle Fächer. Und wenn man selber gut ist und dadurch auffällt, klappt es auch ohne Beziehungen, wie ich festgestellt habe.
Zu unserer Zeit hatten die Prüfer nicht die Muße oder das Interesse, sich über den Hintergrund der zahlreichen Prüflinge vor den mündlichen Prüfungen zu informieren, und wenn man gut war, konnte einem das auch reichlich egal sein. Den Hauptausschlag hat eh der schriftliche Klausurenmarathon gegeben und der ist wie gesagt anonym.

Dazu
Wenn man dann noch aus einem Nichtakademiker/Juristen/Haushalt kommt, erkennen die Prüfer das in den Klausuren, wenn der „Sound“ nicht stimmt (Juristen wissen, was man mit „Sound“ meint).
kann ich allerdings nichts sagen. Das war mir bisher nicht bewusst.

Einem TE würde ich jedenfalls nie raten, seine Studienentscheidung von einzelnen Erlebnissen anderer abhängig zu machen.
 

brandonf.

Aktives Mitglied
@brandonf. , danke für deine ausführliche Antwort.

Ich kannte auch Juristen, die es auf Parties haben krachen lassen, genauso wie Studenten anderer Fächer, das war eher typabhängig als fachabhängig. Und naja, wenn man man ein bestimmtes Fach studiert, weil man unbedingt später in einer bestimmten Berufsrichtung arbeiten will, dann muss man sich halt ggf hinsetzen und lernen anstatt Party zu machen. Macht man dann auch gerne, wenns fürs spätere Leben ist und es einen inhaltlich interessiert, so hab jedenfalls ich das gesehen.
Dass man mit Beziehungen leichter einen Job an der Uni findet, habe ich auch bemerkt, aber das gilt für alle Fächer. Und wenn man selber gut ist und dadurch auffällt, klappt es auch ohne Beziehungen, wie ich festgestellt habe.
Zu unserer Zeit hatten die Prüfer nicht die Muße oder das Interesse, sich über den Hintergrund der zahlreichen Prüflinge vor den mündlichen Prüfungen zu informieren, und wenn man gut war, konnte einem das auch reichlich egal sein. Den Hauptausschlag hat eh der schriftliche Klausurenmarathon gegeben und der ist wie gesagt anonym.

Dazu

kann ich allerdings nichts sagen. Das war mir bisher nicht bewusst.

Einem TE würde ich jedenfalls nie raten, seine Studienentscheidung von einzelnen Erlebnissen anderer abhängig zu machen.
Du hast absolut Recht, was den letzten Absatz angeht!
Letztendlich entscheidet man selbst und denkt am besten auch ausführlich darüber nach, wo man am Ende nach dem Studium sein will.
Ich war da eher unreif. Wollte Lehrer werden oder Jura studieren und habe mit 19 einfach angefangen.
 

cucaracha

Urgestein
Ich habe Jura studiert und kann nur davon abraten.
Zwar war ich vernünftig erfolgreich, aber der Aufwand im Verhältnis zum Ertrag steht in keinem vernünftigen Verhältnis.
Die ständig vorhandene Versagensangst, welche in den Hörsälen und später in den Repetitorien geschürt wird, kann einen ganz schön fertig machen.
Hinzukommt:
Die juristische Gemeinschaft ist sehr elitär.
Wenn man da keine Kontakte hat, ist es schwer mit dem Prädikatsexamen oder der Grosskanzlei.
Dazukommt die seltsame Notengebung:
Drei Prüfer und man variiert mit derselben Leistung zwischen vollbefriedigend und mangelhaft.
Das kann man in Ordnung finden, nur ist in Jura die Note „alles“.
Das habe ich von Jura Studenten schon öfter gehört..
 

Sarnade

Aktives Mitglied
Ich habe nach dem Abitur zunächst ein Psychologiestudium aufgenommen, bin aber bereits nach einem Semester zu Jura gewechselt. Den Wechsel habe ich - trotz der Versagensangst bei Jura, die wirklich die meisten Studierenden trifft und auch mich stark getroffen hat - auch nie bereut. In meiner gesamten Verwandtschaft hatte ich damals keine Akademiker, geschweige denn Juristen. War ein harter Weg und hätte auch schiefgehen können.

Den in Juristenkreisen üblichen sprachlichen Stil habe ich mir gut aneignen können, obwohl meine Eltern nur Volksschulbildung hatten. Ich hatte auf dem Gymnasium immer mindestens die Note "Gut", oft auch "Sehr gut" in Deutsch, Fremdsprachen inklusive Latein und in Mathe. Vor über 40 Jahren waren diese Noten noch etwas wert. Mein Vater hatte ebenfalls eine angeborene Sprachbegabung. Ich kann mich an keinen einzigen Fehler erinnern, den er jemals in der deutschen Rechtschreibung oder Grammatik gemacht hätte. Er achtete bei meiner Schwester und mir auch auf die Sprache, Fehler und Nachlässigkeiten wurden sofort verbessert.

Die typische Sprache des Bildungsbürgertums wurde in meinem Elternhaus dennoch nicht gepflegt. Bestimmte Redewendungen, die man eher mit höherer Bildung assoziiert, gehörten nicht zum aktiven Wortschatz und auch längst nicht alle Fremdwörter, die ich heute wie selbstverständlich verwende. Da habe ich mir im Studium, Referendariat und auch noch darüber hinaus vieles aneignen müssen, dank Sprachkompetenz allerdings auch ohne große Mühen aneignen können.

Karrierenachteile habe ich eher gehabt, weil auch die typische Selbstdarstellung des Bildungsbürgertums in meiner Familie nicht üblich war. Meine Eltern traten in Gesellschaft bescheiden auf, wussten sich nicht in Szene zu setzen und stapelten eher tief. Letztlich kann ich mit dem, was ich im öffentlichen Dienst erreicht habe, aber durchaus zufrieden sein.

Psychologie ist im Vergleich zu Jura viel unstrukturierter, dort wird nach meiner Wahrnehmung wesentlich mehr nebulös geschwafelt, was weder Hand noch Fuß hat. Die meisten Studierenden lagen mir auch von ihrer Art her nicht so. Diese Typen hätte ich mir nicht dauerhaft als mein berufliches Umfeld vorstellen können. Die Notengebung ist bei Psychologie zwar wesentlich besser als bei Jura. Aber dafür ist ein "Vollbefriedigend" in Jura auch auf dem Arbeitsmarkt mehr wert als ein "Sehr gut" in Psychologie oder gar in einem Lehramtsstudium, wo diese Note inflationär vergeben wird. Im Fernstudium wird einem der Master in Psychologie anscheinend nachgeschmissen, und manche Leute meinen dann, wer weiß welche Ansprüche sie aus dieser Qualifikation herleiten können. Wenn's einem nur darum geht, dann nur zu!

Mit Jura hat man darüber hinaus mehr berufliche Möglichkeiten: Rechtsanwalt/Rechtsanwältin, Staatsanwalt/Staatsanwältin, Richter/in, öffentlicher Dienst (höherer Verwaltungsdienst) inklusive Kommunal-, Landes- und Ministerialverwaltung, Polizei, Politik, Privatwirtschaft oder Fachfremdes wie etwa Journalismus.

Anspruchsvoll ist das Fach natürlich schon. Man muss viel Zeit investieren, Prädikatsnoten (ab Vollbefriedigend aufwärts) sind rar gesät und die Durchfallquote, insbesondere im 1. juristischen Staatsexamen, ist hoch. Der Frauenanteil bei den Studierenden beträgt mittlerweile über 60 Prozent, also lass' dir nicht weismachen, Frauen seien dort unterrepräsentiert. Frauen werden nach meinem Dafürhalten in den juristischen Berufen auch nicht generell benachteiligt. Dazu sind sie viel zu sehr auf dem Vormarsch.

Nebenher zu arbeiten, ist beim Jurastudium zwar nicht völlig unmöglich, aber schwierig. Das schaffen auf Dauer nur besonders Hartgesottene. Dadurch verlängert sich auch die Studiendauer. In der Examensvorbereitung, für die man gut und gern ein ganzes Jahr investieren muss, und im eigentlichen Examen kann man Arbeiten nebenher in aller Regel vergessen.

Eine exzellente Sprachkompetenz bis in die feinsten Nuancen, eine ausgeprägte Fähigkeit zum abstrakten und logischen Denken, präzises, sorgfältiges Arbeiten, Ausdauer und Belastbarkeit sind unabdingbar. Interesse an Politik sowie an anderen Wissensdisziplinen und der Blick über den Tellerrand sind wichtig bzw. sehr hilfreich. Juristen sind "Spezialisten für das Allgemeine", wie man so sagt. Dasselbe gilt selbstverständlich auch für Juristinnen. ;-)

Die Entscheidung kann jeder Mensch nur für sich selbst treffen. Jeder Mensch ist einzigartig, auch in seinen Begabungen und Persönlichkeitseigenschaften. Für mich war Jura eindeutig die bessere Wahl, aber das muss bei dir nicht ebenso sein.
 
Zuletzt bearbeitet:

brandonf.

Aktives Mitglied
Bist du Prüfer im 1. und/oder 2. juristischen Staatsexamen oder woher beziehst du dieses Wissen?
Das habe ich einmal selbst erlebt, dass während der Prüfung darüber gesprochen worden ist:

„Dann fragen wir Sie jetzt mal etwas, damit wir auch dahinkommen, wie im Vorgespräch drüber gesprochen“.

Dann hat ein Professor während einer Vorlesung von selbst eine ähnliche Aussage getätigt und auch in einem Hemmer-Repetitorium in NRW kam die Thematik öfters zur Sprache.

Im Ergebnis hätte ich aber nicht pauschalisieren dürfen, da es bestimmt nicht immer vorkommt.

Jeder muss die Entscheidung selbst treffen, was er studieren möchte, aber der immense Druck ist nicht zu unterschätzen.
 

cucaracha

Urgestein
  • Selbständiger Therapeut. Selbstständiger Therapeut. ...
  • Psychoonkologin. Psychoonkologe. ...
  • Schulpsychologe. Schulpsychologe. ...
  • Rechtspsychologe. Rechtspsychologe (Forensischer Psychologe, Kriminalpsychologe) ...
  • Verkehrspsychologe. Verkehrspsychologe.
 

Sarnade

Aktives Mitglied
Das habe ich einmal selbst erlebt, dass während der Prüfung darüber gesprochen worden ist:

„Dann fragen wir Sie jetzt mal etwas, damit wir auch dahinkommen, wie im Vorgespräch drüber gesprochen“.

Dann hat ein Professor während einer Vorlesung von selbst eine ähnliche Aussage getätigt und auch in einem Hemmer-Repetitorium in NRW kam die Thematik öfters zur Sprache.

Im Ergebnis hätte ich aber nicht pauschalisieren dürfen, da es bestimmt nicht immer vorkommt.

Jeder muss die Entscheidung selbst treffen, was er studieren möchte, aber der immense Druck ist nicht zu unterschätzen.
Wenn man nach dem Schriftlichen zwischen zwei Noten steht, kann es natürlich auch sein, dass man im Mündlichen anspruchsvollere Fragen gestellt bekommt, um die höhere der beiden Noten rechtfertigen zu können.
 
Status
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