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Jura oder Psychologie?

Jura oder Psychologie (bzgl. Zukunftsaussichten, Gehalt, Nachfrage,…)


  • Anzahl der Umfrageteilnehmer
    24
  • Umfrage geschlossen .
Status
Für weitere Antworten geschlossen.

HeartAttack

Aktives Mitglied
Das habe ich einmal selbst erlebt, dass während der Prüfung darüber gesprochen worden ist:

„Dann fragen wir Sie jetzt mal etwas, damit wir auch dahinkommen, wie im Vorgespräch drüber gesprochen“.
Daraus kann man doch nicht schließen worüber in irgendeinem anderen Gespräch gesprochen wurde.
Dann hat ein Professor während einer Vorlesung von selbst eine ähnliche Aussage getätigt
Dass er seine Lieblinge im Mündlichen raufprüft? Darüber braucht man keine Aussage zu tätigen, mit sowas muss man leider rechnen - aber auch hier gilt wieder: in jedem Studiengang.
in einem Hemmer-Repetitorium in NRW kam die Thematik öfters zur Sprache.
In Repetitorien kam schon immer viel zur Sprache, man soll ja schließlich was bekommen für sein Geld.

@Lalala123 , kannst du für dich schon eine Tendenz erkennen?
 

Fantafine

Sehr aktives Mitglied
Ich habe nach dem Abitur zunächst ein Psychologiestudium aufgenommen, bin aber bereits nach einem Semester zu Jura gewechselt. Den Wechsel habe ich - trotz der Versagensangst bei Jura, die wirklich die meisten Studierenden trifft und auch mich stark getroffen hat - auch nie bereut. In meiner gesamten Verwandtschaft hatte ich damals keine Akademiker, geschweige denn Juristen. War ein harter Weg und hätte auch schiefgehen können.

Den in Juristenkreisen üblichen sprachlichen Stil habe ich mir gut aneignen können, obwohl meine Eltern nur Volksschulbildung hatten. Ich hatte auf dem Gymnasium immer mindestens die Note "Gut", oft auch "Sehr gut" in Deutsch, Fremdsprachen inklusive Latein und in Mathe. Vor über 40 Jahren waren diese Noten noch etwas wert. Mein Vater hatte ebenfalls eine angeborene Sprachbegabung. Ich kann mich an keinen einzigen Fehler erinnern, den er jemals in der deutschen Rechtschreibung oder Grammatik gemacht hätte. Er achtete bei meiner Schwester und mir auch auf die Sprache, Fehler und Nachlässigkeiten wurden sofort verbessert.

Die typische Sprache des Bildungsbürgertums wurde in meinem Elternhaus dennoch nicht gepflegt. Bestimmte Redewendungen, die man eher mit höherer Bildung assoziiert, gehörten nicht zum aktiven Wortschatz und auch längst nicht alle Fremdwörter, die ich heute wie selbstverständlich verwende. Da habe ich mir im Studium, Referendariat und auch noch darüber hinaus vieles aneignen müssen, dank Sprachkompetenz allerdings auch ohne große Mühen aneignen können.

Karrierenachteile habe ich eher gehabt, weil auch die typische Selbstdarstellung des Bildungsbürgertums in meiner Familie nicht üblich war. Meine Eltern traten in Gesellschaft bescheiden auf, wussten sich nicht in Szene zu setzen und stapelten eher tief. Letztlich kann ich mit dem, was ich im öffentlichen Dienst erreicht habe, aber durchaus zufrieden sein.

Psychologie ist im Vergleich zu Jura viel unstrukturierter, dort wird nach meiner Wahrnehmung wesentlich mehr nebulös geschwafelt, was weder Hand noch Fuß hat. Die meisten Studierenden lagen mir auch von ihrer Art her nicht so. Diese Typen hätte ich mir nicht dauerhaft als mein berufliches Umfeld vorstellen können. Die Notengebung ist bei Psychologie zwar wesentlich besser als bei Jura. Aber dafür ist ein "Vollbefriedigend" in Jura auch auf dem Arbeitsmarkt mehr wert als ein "Sehr gut" in Psychologie oder gar in einem Lehramtsstudium, wo diese Note inflationär vergeben wird. Im Fernstudium wird einem der Master in Psychologie anscheinend nachgeschmissen, und manche Leute meinen dann, wer weiß welche Ansprüche sie aus dieser Qualifikation herleiten können. Wenn's einem nur darum geht, dann nur zu!

Mit Jura hat man darüber hinaus mehr berufliche Möglichkeiten: Rechtsanwalt/Rechtsanwältin, Staatsanwalt/Staatsanwältin, Richter/in, öffentlicher Dienst (höherer Verwaltungsdienst) inklusive Kommunal-, Landes- und Ministerialverwaltung, Polizei, Politik, Privatwirtschaft oder Fachfremdes wie etwa Journalismus.

Anspruchsvoll ist das Fach natürlich schon. Man muss viel Zeit investieren, Prädikatsnoten (ab Vollbefriedigend aufwärts) sind rar gesät und die Durchfallquote, insbesondere im 1. juristischen Staatsexamen, ist hoch. Der Frauenanteil bei den Studierenden beträgt mittlerweile über 60 Prozent, also lass' dir nicht weismachen, Frauen seien dort unterrepräsentiert. Frauen werden nach meinem Dafürhalten in den juristischen Berufen auch nicht generell benachteiligt. Dazu sind sie viel zu sehr auf dem Vormarsch.

Nebenher zu arbeiten, ist beim Jurastudium zwar nicht völlig unmöglich, aber schwierig. Das schaffen auf Dauer nur besonders Hartgesottene. Dadurch verlängert sich auch die Studiendauer. In der Examensvorbereitung, für die man gut und gern ein ganzes Jahr investieren muss, und im eigentlichen Examen kann man Arbeiten nebenher in aller Regel vergessen.

Eine exzellente Sprachkompetenz bis in die feinsten Nuancen, eine ausgeprägte Fähigkeit zum abstrakten und logischen Denken, präzises, sorgfältiges Arbeiten, Ausdauer und Belastbarkeit sind unabdingbar. Interesse an Politik sowie an anderen Wissensdisziplinen und der Blick über den Tellerrand sind wichtig bzw. sehr hilfreich. Juristen sind "Spezialisten für das Allgemeine", wie man so sagt. Dasselbe gilt selbstverständlich auch für Juristinnen. ;-)

Die Entscheidung kann jeder Mensch nur für sich selbst treffen. Jeder Mensch ist einzigartig, auch in seinen Begabungen und Persönlichkeitseigenschaften. Für mich war Jura eindeutig die bessere Wahl, aber das muss bei dir nicht ebenso sein.
Tja, hättest du Psychologie nicht nach dem ersten Semester geschmissen, würdest du wissen, das Studium der Psychologie ist mitnichten Geschwafel, sondern extrem viel Statistik, Methodenlehre und wissenschaftliches Arbeiten.
 

Pfefferminzdrops

Aktives Mitglied
Ich ziehe den Hut vor Menschen, die sich durch Unmengen dröiger Gesetzestexte fressen können und das über Jahre. Ich glaube, ich könnte das nicht, würde auf der Hälfte dieser verklausulierten Schachtelsätze abbiegen und mich wegträumen.
Abschrecken würde mich auch die hohe Durchfallquote und die Tatsache, dass die Zahl der Versuche begrenzt ist; dazu dieses elitäre Gehabe. Mein Cousin hatte das Pech, dass er durchgeflogen ist. War aber wohl nicht ganz umsonst, denn mittlerweile ist er Steuerberater und konnte doch noch so manches aus dem Jurastudium gebrauchen. Ihn hat das übrigens so gestresst als es auf die Prüfung zuging, dass er mit einer fetten Gürtelrose ins Krankenhaus musste.

Psychologie find ich schon deutlich entspannter. Ich hab an der Fernuni Hagen einige Semester Soziale Verhaltenswissenschaften studiert; das entspricht dem Psychologiestudium, nur eben ohne klinischen Teil. Das war schon sehr interessant und ich fand es jetzt auch nicht so schwierig.
 

Sarnade

Aktives Mitglied
Ich ziehe den Hut vor Menschen, die sich durch Unmengen dröiger Gesetzestexte fressen können und das über Jahre. Ich glaube, ich könnte das nicht, würde auf der Hälfte dieser verklausulierten Schachtelsätze abbiegen und mich wegträumen.
Es geht ja nicht nur um die Lektüre der Gesetzestexte. Man muss auch viele Fachaufsätze, Kommentare, vor allem aber Gerichtsentscheidungen (Urteile, Beschlüsse) lesen. Die lesen sich allerdings auch nicht so wie eine leichte Urlaubslektüre. ;-)

Vor allem muss man das Recht systematisch verstehen, auslegen und auf konkrete Lebenssachverhalte anwenden können. In Referendariat lernt man dann noch, was beweiserheblich ist und was nicht, wie man Verfahrensbeteiligte und Zeugen vernimmt, das Ganze zu Protokoll gibt, als Vertreterin der Staatsanwaltschaft vor Gericht agiert, eine Gerichtsverhandlung leitet oder Voten dafür vorbereitet, Urteile und andere Verfügungen verfasst. Man verbringt auch eine Ausbildungsstation bei einer Behörde oder beim Verwaltungsgericht. Daneben gibt es Wahlstationen, die man auch im Ausland, bei großen Verbänden, Handelskammern, in Ministerien, bei der EU und sonstwo verbringen kann.

Heute läuft in der Juristerei vieles digital. In einigen Ländern wird zunehmend sog. Künstliche Intelligenz (KI) (manchmal auch "legal tech" genannt) eingesetzt. Dass damit ein Volljurist komplett ersetzt werden kann, sehe ich allerdings auf absehbare Zeit noch nicht. Dazu kommt es viel zu sehr darauf an, die Umstände jedes Einzelfalls zu würdigen, und in vielen Bereichen, insbesondere im öffentlichen Recht, sind unter Berücksichtigung bestimmter rechtlicher Vorgaben auch Ermessensentscheidungen zu treffen.
 
Zuletzt bearbeitet:

Alegra67

Aktives Mitglied
Zur Zeit gibt es einen starken Psychologen und Psychotherapeutenmangel.
Die Frage ist, warum es diesen Mangel gibt. Ich denke, es ist wie bei den Fachärzten: es werden einfach viel zu wenige zugelassen. Und in den Kliniken zu wenige eingestellt, es geht ja ums Geld.

Richtig erfolgreich ist man immer nur in den Bereichen, die einem absolut liegen. So, wie du Lalala das beschreibst, müsstest du fast beides studieren. ;)
 

cucaracha

Urgestein
Viel mehr Leute haben jetzt auch mehr ein Bedürfnis danach eine Therapie machen zu wollen .
Das war vor Jahrzehnten noch anders.

Das Problem ist ...dass es nur eine Kassenzulassung für bestimmte Therapie Bereiche gibt.
 

Sarnade

Aktives Mitglied
Viel mehr Leute haben jetzt auch mehr ein Bedürfnis danach eine Therapie machen zu wollen .
Das war vor Jahrzehnten noch anders.

Das Problem ist ...dass es nur eine Kassenzulassung für bestimmte Therapie Bereiche gibt.
Es sind aber auch längst nicht alle Psychologinnen und Psychologen im klinischen Bereich tätig.

Mangel herrscht heute aufgrund des demografischen Wandels ohnehin in nahezu allen Berufen. Das führt dazu, dass nicht mehr so gesiebt wird wie in der Zeit, als die Babyboomer auf den Arbeitsmarkt drängten.
Selbst beim Zugang zum Richteramt hängen die Trauben nicht mehr ganz so hoch wie zu meiner Zeit.
 

Knirsch

Aktives Mitglied
Ich finde beide Berufsfelder und Themenfelder furchtbar. Aber ich würde Jura nehmen. Alle, die ich kenne, die Psychologie gemacht haben, haben eigenartige Jobs, die nicht viel mit Psychologie zu tun haben.
 

HeartAttack

Aktives Mitglied
Abschrecken würde mich auch die hohe Durchfallquote
Dieses "Argument" verstehe ich nicht. Ich studiere nur was, was mir Spaß macht und was mir liegt. Die Durchfallquote ist dann eher für die anderen relevant.
Psychologie find ich schon deutlich entspannter.
Es geht doch nicht darum, ein paar entspannte Jahre an einer Uni zu verbringen, sondern etwas zu studieren, wo dann auch die beruflichen Möglichkeiten für den Rest des Arbeitslebens (falls man dann nicht mal eben noch was anderes studieren will) passen.
in vielen Bereichen, insbesondere im öffentlichen Recht, sind unter Berücksichtigung bestimmter rechtlicher Vorgaben auch Ermessensentscheidungen zu treffen.
Das finde ich zB interessant - da kann man mitgestalten.
Wenn man Psychologe wird, kann man anderen Menschen helfen - kann man auch interessant finden; da sollte man vielleicht tatsächlich ein eher "sozialer" Typ Mensch sein, was zB bei Anwalt oder Staatsanwalt nicht so wichtig ist.
Deswegen wurde die TE ja auch gefragt, an welche späteren konkreten Berufsfelder sie für sich denkt.
Viel mehr Leute haben jetzt auch mehr ein Bedürfnis danach eine Therapie machen zu wollen .
Das war vor Jahrzehnten noch anders.
Och, die Streitbarkeit der Menschen hat sicher ähnlich stark zugenommen.
 

Sarnade

Aktives Mitglied
Dieses "Argument" verstehe ich nicht. Ich studiere nur was, was mir Spaß macht und was mir liegt. Die Durchfallquote ist dann eher für die anderen relevant.
Jura macht nicht immer Spaß, auch wenn es einem liegt. Durchfallen kann man bei Jura auch, wenn man im Abitur eine Eins vor dem Komma hatte. Die Notengebung ist mit der in der Schule nicht zu vergleichen. Wer ein "Vollbefriedigend" (bei Jura eine eigenständige Note) schafft, ist schon ein sehr guter Jurist.

Ich hatte 1982 im Abi einen Durchschnitt von 1,6 mit den Abiturfächern Deutsch, Englisch, Mathematik und Philosophie. Damit gehörte ich damals zu den besten Abiturienten meiner Jahrgangsstufe. Nur zehn von insgesamt 112 Schülerinnen und Schülern hatten damals überhaupt ein Abitur mit Eins vor dem Komma. Ein Schüler hatte 1,0, dann kamen fünf mit 1,6, dann noch vier mit 1,8 oder 1,9. Das war's. Das waren weniger als zehn Prozent der Abiturjahrgangs an meiner Schule. Es wurde somit längst nicht so großzügig benotet wie heute. In beiden juristischen Staatsexamina habe ich dennoch "nur" ein Befriedigend erreicht, einmal im mittleren, einmal im oberen Bereich. Das ist aber bei Jura auch schon eine solide Leistung, die längst nicht jeder schafft, auch längst nicht jeder in beiden Staatsexamina. Ich war nach dem 2. Examen auch nicht lange arbeitslos. Heute hätte ich mit diesen Noten sogar gute Chancen, Richterin zu werden.

Aber: Ich hätte auch durchfallen können. Das kann bei Jura wirklich jedem passieren. Es gehört immer auch eine Portion Glück dazu, und wer kein "Lerntyp" ist, keine Ausdauer hat, sondern es lieber "entspannt" angehen lassen und häufig Party machen will, der ist in dem Studienfach von vornherein nicht richtig aufgehoben. Übrigens auch nicht in den Berufen, die einen nach erfolgreich abgeschlossener juristischer Ausbildung erwarten.



 
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