Es ist doch so das Kinder gerne Geschichten lesen oder vorgelesen bekommen. In einigen davon kommen Worte vor wie Neger oder wie auch immer. Die meisten dieser Geschichten sind die, mit denen auch wir aufwuchsen und die auch uns Spaß machten.
Ich versuche meine Sicht nochmal etwas ausführlicher zu erläutern.
Also, ja, auch ich habe als Kind "Jim Knopf" vorgelesen bekommen, ich habe die Fernsehserie von der Augsburger Puppenkiste mindestens zwanzig mal gesehen und das Hörspiel wahrscheinlich sogar zehnmal so oft gehört. Ich habe teilweise mehr in Lummerland gelebt als in der realen Welt, ich habe die Geschichte geliebt. Und sowohl im Buch (das das alte Buch meiner Mutter war), als auch bei der Augsburger Puppenkiste und im Hörspiel ging die Reise nach China. Ich war extremst irritiert und sogar regelrecht entsetzt, als ich später die Variante kennen gelernt habe, wo es dann das - aus meiner Sicht merkwürdige - "Mandala" gab.
ABER: Ich würde die Version des Buches heute keinem Kind mehr vorlesen und bin froh, dass der Kaiser von "China" nicht mehr vorkommt. Ich hatte jahrelang ein wirklich merkwürdiges und verzerrtes Bild von China und seinen Bewohnern. Eben durch die Geschichte vermittelt, die ich, da China ein reales Land ist, auf die Wirklichkeit übertragen habe. Viele dieser positiven und negativen Vorstellungen und Vorurteile hielten sich extrem nachhaltig, obwohl sie mit dem realen China nichts zu tun haben.
Gut, das hat jetzt nichts mit der Hautfarbe oder der Pfeife von Jim Knopf zu tun, aber es zeigt, dass ich als Kind von dem, was ich vorgelesen bekommen habe, sehr nachhaltig geprägt worden bin und vieles eben nicht richtig einordnen konnte. Nur, weil ich selber mit der China-Variante groß geworden bin, muss ich sie doch nicht exakt genau so an heutige Kinder weiter geben? Welchem Kind schadet es oder wem enthält es etwas vor, wenn die Reise von Lukas, Jim und Emma heute nach Mandala geht?
Ja, Fußnoten und Anmerkungen und die Einordnung von Erwachsenen sind sicher gut und wichtig, aber erstens ist nicht immer ein/e Erwachsene anwesend, der/die etwas einordnen und erklären kann und zweitens wirken die subtilen Vorstellungen, die Worte erzeugen zusätzlich auf einer ganz anderen Ebene. Ich würde heute keinem Kind das Bild von China vermitteln wollen, das ich als Kind durch die Geschichte vermittelt bekam. Ganz egal, wie sehr sich sie liebe - und das tue ich wirklich und auch heute noch.