Hallo Liebermann,
danke für deine ausführliche Antwort. Und bis zum letzten Absatz dachte ich - huch, interessant - ein Christ der anscheinend tolerant ist. Aber dann....
Der Humanismus ist ein Versuch. Ja - und - der bestreitet auch nicht, dass er immer wieder versucht und sich verändert. Darum geht es ja.
Deiner Meinung nach ist es allerdings ein Versuch 'Gott außen vor zu lassen' - das ist er wiederum ganz und gar nicht.
Wenn 'Gott', für jemanden nicht existiert, muss auch kein Versuch unternommen werden, 'es außen vor' zu lassen.
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Nach meiner Auffassung sind auch 'Götter' menschgemacht - daher unterliegen sie ebenfalls dem 'Zeitgeist' - zum Glück, kann ich nur sagen, sonst hätten wir nämlich alle noch einen Sack Steine für die wöchentlichen Steinigungen zu Hause stehen.
Und was heißt "Belieben'? Bleiben wir mal bei dem Wort 'Gnade'. Dazu fällt mir z.B. die 'Begnadigung' eines Verbrechers ein. Dazu gibt es von einer Gesellschaft festgelegte Regeln nach denen verfahren wird. Diese Regeln werden ab und an evaluiert, ob sie noch Konsensfähig sind, dann entsprechend beibehalten oder angepasst. Da sich die Gesellschaft ändert ist es sinnvoll auch ab und an die Regeln zu ändern. Das hat aber nichts mit 'Beliebigkeit' zu tun.
Ich brauche andere Menschen - das ist mein Maß als 'Korrektiv'. Da für mich das Konstrukt 'Gott' nicht existiert, kann mich das auch nicht korrigieren.
Wenn du mit 'Wir' die Christen bzw. alle an welchen 'Gott' auch immer Glaubenden meinst - ok - dann ist das deine (eure) Art zu leben.
Wenn du mit 'Wir' alle Menschen - meinst - dann nein! Dann gibt es mindestens einen Menschen, nämlich MICH (und ich vermute vielleicht noch ein paar), der nicht aus einer 'Gnade' von welchem Gott auch immer lebt. Und wenn du dann sagen würdest - egal was du denkst, ob du das willst oder nicht - es ist doch so - dann würde ich das 'überheblich' nennen. Dann würdest du nämlich dein Gefühl - über das eines anderen Menschen stellen.
Hallo Polux,
so, ich finde das ja gut, dass Du Dich konstruktiv mit meinem Text auseinandersetzt.....dann will ich auch mal antworten.
Wir landen natürlich automatisch beim grundsätzlichen Thema, gibt es Gott nun oder nicht. Für den Einen (z.B. mich) heißt das Ja, für andere eben nein. Daraus leiten sich logischerweise auch ganz unterschiedliche Erkenntniswege und Erklärungen ab, ist auch klar, kann gar nicht anders sein.
Ich habe nichts gegen Humanismus an sich, wenn er den Menschen dient, dann ist es gut, wie alles, was in der Welt Positives hervorbringt.
Ich bin aber atheistisch aufgewachsen und erzogen worden und der Humanismus wurde mir sozusagen als "Ersatzreligion" verklickert. Alles nach dem Prinzip: Gott ist tot, der hat ausgedient, den brauchen wir nicht, wir sind in der menschlichen Erkenntnis, der Logik und dem wissenschaftlich- technischen Fortschritt so weit, daß wir endlich ohne ihn auskommen.
Dann ging mir nach und nach auf, das es so ganz nicht hinhauen kann, mit diesen überall zu sehenden Ungereimheiten und dem Widerspruch von Anspruch und Wirklichkeit.
Die für mich entscheidende Frage war und ist die, aus welcher Quelle kommen denn die Grundlagen und Vorgaben, die wir brauchen, um wirklich den Menschen zu dienen. Da habe ich schnell erkannt, daß von Menschen definierte Dinge immer subjektiv und nicht universell sind.
Mal ein Beispiel: Wir leben in einem der reichsten (nach wie vor) und ökomisch stärksten Länder der Welt. Wir können es uns also (noch) erlauben, auch aus humanistischen Motiven heraus, die Schwachen und Kranken und Behinderten mit zu versorgen, was ja wohl eine Selbstverständlichkeit ist, für uns eigentlich ganz klar.
Was passiert aber, wenn es mal nicht mehr so gut läuft oder man in einem Land lebt, wo man froh ist, wenn man selber über die Runden kommt? Glauben wir wirklich, daß sich die Menschen dann noch an rein humanistische Grundsätze halten oder sich nicht dann doch zunehmend "jeder ist sich selbst der Nächste" ausbreitet....
Genau das ist gemeint mit der Aussage, dass ein außerhalb des Menschen (nicht des Einzelnen, sondern der Menschen an sich) befindliches Korrektiv notwendig ist. Gerade eben, um zu vermeiden, daß je nach Zeitgeist, Gesellschaftssystem und ökonomischer Situation der Wert eines Menschen anders definiert werden kann.
Natürlich brauchen wir auch andere Menschen als Korrektiv, als Spiegel und als Freund und Berater, um nicht auf Wege zu gehen, die wir aus Blindheit, Unerfahrenheit uvm. selbst nicht klar sehen. Es ist ein großes Geschenk, solche Menschen um sich zu haben.
Aber kein Mensch der Welt kann für uns ein solches Korrektiv sein, das uns in die Lage versetzt, die grundsätzlichsten Dinge unseres Seins und der Zusammenhänge in der Welt richtig zu erkennen.
Dazu braucht es etwas Übernatürliches. An die Naturgesetze glauben wir doch auch und können uns auf sie verlassen. Ich bin froh, daß nicht der Mensch die Schwerkraft uvm. erfunden hat und sie verändern kann, sonst wäre bereits alles auseinandergeflogen oder in sich zusammengefallen.
Ich behaupte und lasse das so stehen, daß die Gesetze bzw. Gebote Gottes und die Worte Jesu eine Art himmlisches und universelles Grundgesetz sind, unveränderbar (Gott sei Dank), unbeeinflußbar und für alle Zeiten gültig.
Wenn es heißt: "Du sollst Deinen Nächsten lieben, wie Dich selbst" - dann steht da eben nicht....solange es Dir selber gut geht oder er dir sympathisch ist oder irgend sowas, sondern es gilt universell und ein für allemal. Daran kann man sich ausrichten, da weiß man, woran man ist.
Du schreibst von menschengemachten Göttern, ja, die gab und gibt es reichlich überall. Davor warnt die Bibel auch, diese werden als Götzen bezeichnet. Vor allem dann, wenn sie als irgendwelche Bilder und Statuen geschaffen worden sind und man diese Dinger auch noch anbetet. Der Gott der Bibel ist ein ganz anderer, er war sich nicht zu schade, in Gestalt seines Sohnes Jesus Mensch zu werden und unter die Menschen zu kommen. Er war und ist lebendig und so kann man ihn erfahren. Er ist kein toter Götze, der starr vor sich hinschaut, den Menschen Druck macht, sie einschüchtert oder ihnen Angst macht, ein schlechtes Gewissen bereit.....
Wenn Dir sowas (leider oft von Christen praktiziert) begegnet, dann haben sie den Weg Gottes verlassen und haben zum "Menschenwerk" gewechselt. Ich nehme mir auch die Freiheit zur Kritik, was so alles in der Christenheit abläuft und welcher Mißbrauch da stattfindet. Aus dem heraus kann ich viele Menschen verstehen, die sagen, damit will ich nichts zu tun haben, die geben sich fromm und ihr eigenes Leben und Verhalten demonstriert das Gegenteil.
Die Primäreigenschaft Gottes ist die Liebe, die Vergebung, die Gnade und die Verheißung, mit ihm auf einen Weg gehen zu können....
Das hält er für alle Menschen bereit. Es wird keinem übergestülpt oder um die Ohren gehauen, jeder darf frei und selbst entscheiden, ob der zu Ihm kommen möchte oder nicht.
Wir als Christen sollen Menschen, wenn sie offen und interessiert sind, von Gott erzählen und sie einladen, ihn kennenzulernen. Wir haben aber kein Anrecht auf Hochmut, Überheblichkeit oder den Anspruch, etwas Besseres zu sein. Das Gegenteil ist der Fall: Sanftmut, Freundlichkeit, Demut (kein Duckmäusertum), Liebe und Bereitschaft, anderen zu dienen sollten u.a. bei uns im Vordergrund stehen.....man nennt sie auch "Früchte" des Geistes.
Kann man alles in der Bibel nachlesen. Gott hat für die Christen zahlreiche "Sicherheitsriegel" in seinem Wort drin, damit sie nicht meinen, sie hätten das Recht zur Selbstüberheblichkeit.
Nimm Dir, wenn Du möchtest, die Freiheit, wenn Du Christen begegnest, sie daraufhin zu prüfen und anzusprechen.....
Viele Grüße von Liebermann