Was meinst du damit? Nur ich habe dort ja diese Probleme, sie liegen ja in mir begründet. Es ist mir jetzt schon öfter dort passiert, wenn eben nicht abgesprochene Überraschungen kommen (was leider oft ausgenutzt wird, anstatt mir die Zeit zu geben die Übungen erstmal sauber zu trainieren), dass mein ganzer Körper plötzlich anfängt wie verrückt zu zittern und ich voller Adrenalin bin. Neulich hat mich mein Trainingspartner deshalb ausgelacht und zu mir noch gesagt, so kalt ist es hier doch nicht.
Ich lasse solche Sprüche dann ohne Erklärung so stehen. Aber in meinen Gedanken kommt dann ganz automatisch die Angst, dass ich diesen Stress nicht mehr kontrollieren kann und ich "rot sehe". Ich versuche das dann zu unterdrücken indem ich aufgebe, anstatt zu versuchen mich aus der Situation zu befreien. Das passiert völlig automatisch und stresst mich innerlich dann noch mehr. Ich kriege diese Angst jemandem ernsthaft weh zu tun nicht mehr aus mir raus, obwohl es gar keinen Grund gibt. Und niemand kann mir sagen, ob das noch normal ist, dass ich immer wieder in diese Angst rutsche und wie ich sie auflöse. Oder ob ich damit jetzt leben muss, dass mein Körper auf harmlose "Gewalt" gleich so überreagiert und mich irgendwie dann ja doch wieder handlungsunfähig macht, weil ich "innerlich aufgebe", anstatt zu riskieren mich zu wehren und den anderen womöglich zu verletzen. Ich habe leider so gut wie keinen Vergleich zu anderen Dojos oder Kampfkunstvereinen. Aber bei uns ist es schon an der Tagesordnung, dass jemand verletzt aus dem Training geht. Brüche sind keine Seltenheit bei uns.
Hinzu kommt, dass ich ein Weichei bin und halt bei allem was ich tue versuche sowas zu vermeiden. Mir ist dabei schon klar, dass so ein Training möglichst auch realistisch sein sollte - trotzdem finde ich es nicht gut, wenn im Training darauf wenig Rücksicht genommen wird. Die Schwarzgurte feiern ihre Verletzungen noch und brüsten sich damit. Da bin ich aber einfach ein anderer Typ. Mir ist meine Unversehrtheit, solange es keine reale Gefahrensituation ist, schon wichtig.
Ich kann natürlich auch verstehen, dass es die anderen vielleicht langweilt mit mir zu trainieren. Aber es schimpft sich extra Anfängertraining.
Ich möchte schon gerne lernen, wie ich mich in Zukunft besser verteidigen kann und ich habe auch schon einiges gelernt. Aber diese Angst in mir anderen ernsthaft weh zu tun hemmt mich total. Und sie ist ganz klar mit der damaligen Situation verknüpft. Dabei weiß ich rational, dass es völlig legitim war, so zu reagieren. Aber ich bekomme es nicht in mein Ich integriert. Und da frage ich mich, wie das andere geschafft haben.
Zu deiner Beschreibung des Trainings in dem Dojo, in dem du aktuell trainierst, warte ich gespannt auf die Meinung von
@Alexandretta
Ich habe jetzt nicht von Kindesbeinen an Kampfsport trainiert, nur ein bisschen als Erwachsener und mir erscheint ein derartiges Training wie von dir beschrieben weder hilfreich noch sinnvoll.
Bulletproof, ich weiß nicht, ob ich etwas sagen kann, was wirklich hilfreich für dich ist (als ich zerbrochen bin, war das unter völlig anderen Umständen und darum ist mein Verständnis und mein Zugang dazu vermutlich ein völlig anderer).
Ausserdem geht es in den Bereich spirituelle / metaphysische Überzeugungen mit hinein.
Ärgere dich bitte also nicht, wenn es nicht ganz zu deiner Situation passt:
Menschen haben das Potenzial, gut oder böse zu handeln.
Plato hatte dafür das Bild vom Wagenlenker mit den Pferden.
Zum 'gut handeln' können gütige, aus Mitgefühl geborene Handlungen genau so gehören wie das Streben nach Gerechtigkeit.
Jemand, der aus Mitleid seine Nahrung teilt kann genau so 'gut' handeln, wie jemand, der ein Kind aus dem Fluss vor dem Ertrinken rettet.
Oder jemand, der einen Dritten davor bewahrt, von Räubern tot geschlagen zu werden. Oder der sich selbst gegen einen ungerechtfertigten Angriff verteidigt.
Und jetzt wird es kompliziert: Plato hatte diese Vorstellung vom Streitwagen und den Pferden.
Ich stelle mir die menschliche Seele mit mehreren Anteilen vor: da gibt es die Eidechse (essen, schlafen, trinken und in der Sonne dösen), den Affen (Unterhaltung, Analyse, Fähigkeit zu Denken) und den Wolf (Potenzial zu Aggression). Und paar andere, aber auf die kommt es gerade nicht an.
Wichtig ist: meiner Meinung nach ist der 'Wolf' genau so wenig böse - an und für sich - wie die 'Eidechse' oder der 'Affe'.
Jemand kann seine Intelligenz einsetzen, um Probleme zum Wohle aller zu lösen, ein anderer vielleicht, um andere zu manipulieren.
Fast alle Eigenschaften und Fähigkeiten eines Menschen können zum Guten oder zum Bösen dienen. Diese Entscheidung trifft das Individuum.
Das gilt auch für das Potenzial zur Aggression. Im Idealfall wird es nur gebraucht, um sich oder andere gegen Angriffe Dritter zu verteidigen.
Dein Wolf ist auch nicht böse. Er ist gekommen und hat dich verteidigt, als du ihn brauchtest.
Ich habe den Eindruck, dass dich das so erschreckt hat, dass du ihn jetzt an einer ganz kurzen Kette hältst.
Und das kostet euch beide sehr viel Kraft.
Ich glaube, es wäre vielleicht wirklich gut, wenn du erst einmal die Situationen meidest, die deinen Wolf aufregen und erschrecken und sprungbereit machen.
Im Idealfall schaffst du es, dich wieder mit ihm auszusöhnen. Dann wird er weiterhin da sein, wenn du ihn brauchen solltest, zur Verteidigung . Und sonst wirst du nicht merken, dass er da ist (etwa wie ein großer Wolfshund, der frei läuft).
Ich hoffe, das macht halbwegs Sinn für dich - leider weiß ich gerade nicht, wie ich es besser ausdrücken kann.
Rein praktisch gesehen: guck dir mal die Seite non nonsense self defence an, wenn du magst (darauf geht es größtenteils darum, wie man Situationen vermeidet, in denen man Selbstverteidigung braucht).
Trainiere ruhig Selbstverteidigung, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Ein großer Teil davon sind Dinge, die man tun kann, um zu vermeiden verletzt zu werden ohne den anderen zu schwer zu verletzen.
Und auch, wenn du es wahrscheinlich nicht mehr hören kannst, lass dir Zeit, sei geduldig mit dir und deinem Wolf.
Du bist offenbar schwer verletzt worden (mindestens psychisch) und Wunden brauchen Zeit zum Heilen, auch seelische.
(falls du was mit tiefenpsychologischem Arbeiten in Bildern anfangen kannst:
Tsültrim Allione : feeding your demons
Fand ich hilfreich - aber wie schon gesagt, mir ist klar, dass ich ganz andere Probleme hatte)
Alles Gute!