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Sind das psychische Krankheiten?

_vogelfrei

Sehr aktives Mitglied
Ich sehe es generell kritisch, psychische Probleme/ psychisches Leid als Krankheit zu bezeichnen, für mich passen die Konzepte nicht gut zusammen.
Bei Hochbegabung habe ich aber noch nie gehört, dass diese als Krankheit betrachtet wird, auch wenn im Rahmen von Diagnostik darauf getestet wird, "Intelligenzminderung" schon eher.

Bei ADHS und Autismus passt der Begriff der Neurodivergenz ganz gut, finde ich, oft wird er auch auf generell "psychisches Anderssein" ausgeweitet, also auch von Menschen mit anderen Diagnosen benutzt.

Ob es Vor- oder Nachteil für die Gesellschaft hat, finde ich in dem Zusammenhang erstmal gar nicht so wichtig, sondern eher umgekehrt die Frage, was kann die Gesellschaft tun, damit auch Menschen, die von Normen abweichen, gut leben können und nicht ständig be_hindert werden?
 

Bobi

Mitglied
Hochbegabung oder die guten Phasen einer Bipo sind doch eigentlich ein Geschenk, welches nicht nur einem selber, sondern der Gesellschaft allgemein doch sehr von Nutzen sein kann. Warum werden diese Menschen eher als Belastung und nicht als Bereicherung empfunden? Ist die weitverbreitete negative Sicht auf alles, was man nicht kennt oder was anders als man selbst ist, mit daran "schuld"? Wo bleibt das Positive?
Diese Fragen treiben mich wirklich um. Ich bin gespannt auf Eure Sichtweisen und Meinungen.
Häufig wird ja als Bedingung für eine Störung ein bestehender Leidesdruck genannt. Das finde ich sinnvoll.

Eine Bipolare Störung pauschal als "Geschenk" zu bezeichnen, finde ich aber völlig unpassend. Die Leute mit einer Bipo, die ich kenne, haben sich hoch verschuldet, ihre Beziehungen zerstört, sich körperlich in Gefahr gebracht usw. Da erkenne ich nichts positives dran. Die Betreffenden jeweils auch nicht.
 

Selbst-Bewusst77

Aktives Mitglied
In meinen Augen kommt es bei Abweichungen von der Norm grundsätzlich auf den verursachten Leidensdruck an. Ich hatte mal einen Freund - leider schon tot - mit manischer Depression, der wegen dieser Störung wirklich viel verloren hat, und sehr unglücklich war. Er hat in kurzer Zeit beispielsweise in einer manischen Phase sein ganzes Erspartes verschleudert, und in den depressiven Episoden elend gelitten, auch mit Psychosen etc.
Dagegen ist eine Stella, die inzwischen bekanntere Ärztin mit Tourette, trotz der Störung hochfunktional. Bei ihr empfinde ich die Normalisierung als sehr sinnvoll.

Etwas ähnliches findet sich auch bei Menschen mit Einschränkungen.
Menschen mit Downsyndrom werden zurecht nicht gerne als Patienten bezeichnet, da es ihr Wesen und für sie völlig normal ist. Sie wünschen sich als Menschen ganz normal angenommen zu werden.
Ich selber bin erst als Teenager schwerbehindert geworden, und leide sehr unter den Einschränkungen.
Ich empfinde meine Einschränkungen sehr wohl als Erkrankung.
Es kommt also sehr auf das Individuum an.
 
Zuletzt bearbeitet:

FLoki979

Aktives Mitglied
So, erstmal, bevor ich hier noch viel gelesen habe, finde ich sehr wichtig.
Was bedeutet psychisch krank / psychische Krankheit?
a) Die Mediziner stellen eine Diagnose...
und für mich ist dabei der entscheidende Faktor, ob der Erkrankte in der Gesellschaft lebensfähig ist.
b) das eigene Krankheitsempfinden muss sich damit garnicht decken.
Für mich ist das sehr wichtig, zu unterscheiden.
Ja, ich bin krank, weil ich in der Gesellschaft nicht oder sehr eingeschränkt funktioniere, oder aber auch aus Sicht der Mediziner Krankheitsfaktoren erfülle
Ich fühle mich krank, weil...
In meinem Fall trifft beides gleichermaßen zu.
Ich finde aber auch die Krankheitseinsicht sehr wichtig, um sich eben behandeln zu lassen oder Therapien machen zu können, oder Hilfen anzunehmen.
Wer allerdings aus Sicht der Gesellschaft krank ist,
aber einen eigenen Lebensweg findet, der für ihn hervorragend funktioniert, der soll doch so leben - es sei denn, es geht auf Kosten anderer, ne, dann tolleriere ich das nicht mehr.
 

FLoki979

Aktives Mitglied
Wie seht Ihr das?
Ich beschäftige mich schon lange mit ADHS, Hochbegabung, Bipolarer Störung (selber betroffen) und Hochsensibilität.
Jep. Bin auch AD(H)sler und sehe / sah das eigentlich nie als Krankheit an, sondern als Wesen.
Als ich dann heraus fand, dass ADHS als Krankheit eingestuft wird, weil es da eine Unterbrechung irgendwo im Gehirn gibt - sorry, ich kann mir solche Fakten einfach nicht merken, - hab ich verstanden, dass das aus der Gesundheitsdefinition heraus als Krankheit definiert wird, weil der Krankheitsbegriff vergleicht mit einem perfekt funktionierenden menschlichen Organismus. Aus dieser Sicht ist ADHS also eine Krankheit. Kann ich so stehen lassen.
Für mich ist es das aber nicht. Ebenso Hochbegabung.
Bipolare Störung allerdings schon, da würde mich interessieren, warum du Probleme hast, diese als Krankheit einzuordnen.
Zur Hochsensibilität habe ich folgende entscheidende Info bekommen.
Man unterscheidet zwischen Hochsensibilität, was ja eine Wesensart ist, und Hochsensivität, die als Folge von Traumata ein Symptom einer (k)PTBS ist und Ähnlichem. Das Empfinden kann aber gleich sein.
Klar, wenn ich hochsensitiv empfinde weil ich eine Traumafolgestörung habe, ist es nur eine Krankheit / Störung und für mich deckt sich da auch absolut mein Krankheitsempfinden und die Sicht von Medizinern.
Hochsensibilität als Wesensart wird aber doch immer diskutiert. Dazu kann ich aber nichts weiter sagen, weil ich mich damit nicht wirklich befasst habe.
LG
 

Ysaia

Aktives Mitglied
Nein finde ich nicht, dass es nur die Sache von einem selbst ist. Man lebt ja in der Gesellschaft und die ist gegenüber bestimmten Verhaltensweisen entweder tolerant oder nicht. Der oder die Betroffene kann da vielleicht gar nicht viel daran ändern. Ich habe mal einen Film über jemnad mit einem Tourette-Syndrom gesehen. Es ist ja nicht so, dass so jemand das nach Belieben steuern kann. Die nicht Betroffenen aber schon. Ich habe zur Zeit mit jemand zu tun, der eine leichte Form von Autismus hat. Er verhält sich für mich gewöhnungsbedürftig. Aber wahrscheinlich kann er das gar nicht steuern und ich bin diejenige, die tolerant sein muss und das versuche ich auch.
Tourette ist mittlerweile in der breiten Masse bekannt. Erstmal seltsam ist es dennoch, wenn jemand fremdes auf einmal "tickt". Das ist allerdings auch eine normale Reaktion und jeder sollte mit Verständnis reagieren. Bei einigen Dingen kann man am Verhalten arbeiten, so dass es zwar etwas seltsam anmuten mag, aber nicht völlig off ist. Das ist in der Verantwortung eines jeden Betroffenen.
Die Menschen in der Umgebung sollten natürlich bis zu einem gewissen Maß Verständnis im Umgang haben.
 

Soul-Sister

Aktives Mitglied
Hey @havonni
heute betrachtet man die psychischen Krankheiten, Persönlichkeitsstörungen ja als ein Spektrum. Jeder ist am Rande davon betroffen, der eine mehr, der andere weniger.

Die meisten psychischen Krankheiten, Persönlichkeitsstörungen habe auch positive Aspekte, auf jeden Fall.
-- ADHS: Kreativität, Offenheit, Einfallsreichtum...
-- Manie: Kreativität, Geselligkeit, Leistungsstärke...
-- Depression: besseres analytisches Denken, klarerer Realitätssinn...
-- Hochsensibilität: Empathiefähigkeit, hohe emotionale Intelligenz, ein feines Gespür für Zusammenhänge
-- Hochbegabung: hohe Intelligenz, gut strukturiertes Denken, gutes Gedächtnis, viel Wissen und Fantasie, ausgeprägter Gerechtigkeitssinn...

Ich bin dazu übergegangen keine Schubladen mehr aufzumachen. Jeder Mensch ist individuell mit seinen "Symptomen". Behandelt werden muss irgendetwas erst, wenn der Leidensdruck zu groß wird, meiner Meinung nach.

Wenn ein Mensch nicht zurecht kommt, liegt das doch meist am unpassenden Umfeld. Ich finde da sollte man hingucken, nicht den Schwerpunkt auf den Stempel Krankheit/Gesundheit, Störung/Normalität legen.
 

SFX

Aktives Mitglied
Hast Du einen Beleg für diese steile These?
Hallo,

hier die Quellenangabe:

Ginny Russell: Critiques of the Neurodiversity Movement. In: Steven K. Kapp (Hrsg.): Autistic Community and the Neurodiversity Movement. Palgrave Macmillan, Singapur 2020

Kurz zusammengefasst: Das neurotypische, also „fehlerfreie“ Gehirn kann nicht existieren. Diese Annahme würde voraussetzen, dass es quasi ein „Standard-Gehirn“ gäbe. Das ist aber bewiesenermaßen nicht so, jedes Gehirn ist einzigartig.

LG,
SFX
 

FLoki979

Aktives Mitglied
Häufig wird ja als Bedingung für eine Störung ein bestehender Leidesdruck genannt. Das finde ich sinnvoll.

Eine Bipolare Störung pauschal als "Geschenk" zu bezeichnen, finde ich aber völlig unpassend. Die Leute mit einer Bipo, die ich kenne, haben sich hoch verschuldet, ihre Beziehungen zerstört, sich körperlich in Gefahr gebracht usw. Da erkenne ich nichts positives dran. Die Betreffenden jeweils auch nicht.
Zu diesem Beitrag... da les ich noch vom TE ,,... wo bleibt das Positive", möchte ich noch anmerken, dass ich nicht (mehr) nachvollziehen kann, wieso jemand Krankheit als eine Wertung auffassen könnte. Es ist schlicht eine Einordnung.
 

havonni

Mitglied
Antwort an Floki, weshalb ich bei der Bipo Positives feststelle: Das kommt wahrscheinlich daher, dass ich Typ Zwei bin oder habe, also keine Manie (die ich durchaus als sehr schwierig ansehe nach vielen Erzählungen von diesen Betroffenen) sondern NUR Hypomanie- Zustände habe. Ich bin zwar auf einmal mit sehr guter Laune und viel Tatkraft gesegnet, aber auch so aufgedreht, dass die erste Woche echt gefährlich werden kann. Nach der Diagnose habe ich mich mit Lithium endlich mal "normal" gefühlt, inzwischen kriege ich die erste Woche fast ohne Essen und Schlafen mit dem Kopf geregelt und dann wird es langsam annehmbarer und gut zu steuern, fast ohne Medis. Gegen das Nicht-Schlafen-können habe ich inzwischen eine neue Medikation, die mir echt hilft, die ich aber auch mal vergessen kann, ohne darunter zu leiden... Meine derzeitige "Gute-Laune-Phase" ermöglicht mir viele neue Kontakte, denn ich habe gelernt, meinen Übereifer zurückzunehmen, mehr zuzuhören als selber zu reden und anderes mehr. Ich schaffe viel, kann viel lachen und das Komische in vielen Situationen sehen, auch Lösungen für Probleme (wobei ich Geduld, Geduld, Geduld lernen muss) Von daher ist es für mich Positiv und für andere auch, die Nerv-Komponente für andere kriege ich meistens in den Griff und ich gestatte mir selber auch mal zu sagen, dass es reicht und ich Pause brauche vom Input anderer. Der Vorteil für mich im Umgang mit anderen Betroffenen ist eben, dass ich sie aus eigener Erfahrung heraus verstehen kann und vielleicht dadurch auch angemessener mit ihnen umgehen kann.
Im Übrigen freue ich mich total über die vielseitige und interessante Diskussion hier zu diesem Thema, ich werde alles noch ein paar mal lesen. Danke für Eure tollen Beiträge.
 

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