Findefuchs
Sehr aktives Mitglied
Das stimmt. Mein Vater hat mir erzählt, dass seine Großmutter immer auf ihn und meine Tante aufgepasst hat, weil beide Eltern einen Gasthof geführt haben und da eben immer irgendwie Arbeit angefallen ist und seine Mutter (also meine Großmutter) einfach mit anpacken musste.Die Vorstellung, dass meine Mutter oder Schwiegermutter für einen längeren Besuch zu uns kämen, scheint heute völlig absurd. Dass die eine oder andere während eines Urlaubs in unserer Wohnung bleibt ist undenkbar. Da ist eine so große Distanz, die ist unüberbrückbar. Die kommen zwar zu Besuch, wenn es sein muss, die tun einem auch Gefallen, aber das sind reine Pflichtübungen, das ist überhaupt nicht so, in keiner Weise, wie das zu meiner Kindheit mit Oma war. Da ist irgendetwas Entscheidendes verschwunden, als ob etwas gestorben wäre.
Er und meine Tante haben eine sehr innige Beziehung zu ihren Großeltern gehabt. Das war ein richtiges Zusammenleben, das war nicht nur so, dass man sich mal an den Feiertagen gesehen hat oder mal an einem Sonntag zum Kaffeetrinken vorbeikam.
Bei meinen Großeltern war das dann ganz anders, obwohl sie das ja durch ihre Eltern mitbekommen haben: da ist nie wirklich mal Hilfe angeboten worden. Meine Mutter kam ja, als ich 7 Jahre alt war, für mehrere Monate in eine Klinik. Mein Vater musste Vollzeit weiterarbeiten. Es war sehr schwer für ihn, Haushalt, mich und seine Arbeit zu wuppen. Obwohl meine Großeltern das wussten, haben sie nie (!!!) Hilfe angeboten. Auch, als mein Vater gefragt hat, ob sie vielleicht ab und zu da sein können, wenn er länger arbeiten muss, haben sie abgelehnt. Weil sie zu müde waren, weil Stammtisch war, weil es so aufwendig ist, mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln zu uns zu fahren etc.
Aber gleichzeitig haben sie immer sofort meine Eltern angerufen, wenn was war. Die sollten dann helfen und unterstützen. Und das war dann irgendwo selbstverständlich, weil dass ja die "Kinder" waren.
Ich denke aber auch, dass ich ein Sonderfall bin: ich habe nicht umsonst den Kontakt zu meiner Familie abgebrochen und nie so wirklich engeren oder positiveren Bezug zu meinen Großeltern gehabt. Klar habe ich mal meine Oma mütterlicherseits ab und zu besucht, aber es war immer sehr seltsam. Sie hat sich auch nie für mich wirklich interessiert, ich war dann halt einfach "nur da".
Mein Vater hat mir aber auch mal erzählt, dass er findet, dass das Kinder-Eltern-Verhältnis sich verändert hat: Dass man kumpelmäßig mit seinen Eltern mal redet und herumalbert oder ab und zu mit ihnen ins Kino geht, weil ein Film läuft, den alle sehen wollen, das hätte es bei ihm nicht gegeben. Sein Vater (mein Großvater) war extrem streng und auch wenn es die Eltern waren, es war immer so eine gewisse Distanz da. Das hat er auch bei den Eltern seiner Freunde so erlebt.
Ich bin ehrlich, ich finde das traurig, dass sich das Miteinander der Familie, oder vielmehr die Formation so verändert hat. Klar, ich kenne es nicht anders. Ich hatte nie eine wirkliche Familie. Ich habe nur meine Eltern und verstehe mich mit ihnen gut (und selbst das ist mehr, was andere haben), aber ich glaube, dass sich allgemein auch bei "normaleren" Familien das Bild verändert hat.