Ich denke eher, dass die Mutter bisher all ihren Lebenssinn in der Mutterschaft gesehen hat. Ich denke, dass sie sehr glücklich war, als Pisanelli und sein Bruder noch klein waren und es noch als vorbildlich gesehen wurde, wie sie sich um ihre Kinder kümmerte. Vielleicht war Muttersein das Einzige, in dem sie wirklich gut war. Möglicherweise fühlte sie sich vor den Geburten in der Arbeitswelt nicht wohl und spürt nun ein Grauen beim Gedanken, dass man in ihrem Alter nun eigentlich dorthin zurückkehrt.
Das krankhafte ist, dass sich ihre Psyche jetzt, wo die Kinder erwachsen sind, dagegen versperrt, sie auch als solche zu sehen. Mit aller Kraft wehrt sie sich dagegen, als Mutter nicht mehr gebraucht zu werden (jedenfalls nicht mehr in der Rolle "kümmert sich um alles"). Denn sonst müsste sie sich ja eine neue Idendität abseits des Mutterseins verschaffen, einen neuen Sinn des Lebens. Sie wehrt sich mit allen Mitteln gegen den Verlust ihres Lebenssinns.
Das Problem ist nur, dass Pisanelli und sein Bruder ihr auch nicht helfen, wenn sie weiterhin in der Kindsrolle bleiben. Denn solange sie das Spiel mitspielen, hat seine Mutter zu wenig Leidensdruck, um sich beispielsweise einen Therapieplatz zu suchen. Das ist wie bei manchen Alkoholikern, die erst dann erkennen, dass sie ein Problem haben, wenn Frau, Kinder und Haus weg sind niemand mehr ihr Verhalten deckt.
Pisanelli: solange du und dein Bruder ihr Verhalten deckt (z.B. indem du dich in der Öffentlichkeit fügst, um einen öffentlichen Aufstand zu vermeiden) ist das nicht nur schlecht für dich, sondern auch für deiner Mutter. Sie braucht diesen Aufstand. Sie braucht es, dass die Leute den mitkriegen und - wenn sie nach Bestätigung sucht, dass ihr "Kind" noch Hilfe braucht - die Ablehnung der anderen. Erst, wenn sie merkt, dass die anderen SIE für die Verrückte halten, wird sie vielleicht mal nachdenken, was es bedeuten könnte, wenn einem "hunderte Falschfahrer entgegen kommen". Du musst gehen und dein Leben leben. Nur dann sieht sie, dass du schon erwachsen bist. Dann MUSS sie erkennen, dass ihre Hilfe nicht mehr von Nöten ist. Und erst dann wird ihre Psyche gezwungenermaßen dazu bereit sein, dich auch als Erwachsenen zu akzeptieren.