In der Theorie klingt das Ganze nach einer guten Idee.
In der Praxis scheitert das Vorhaben aus meiner Sicht daran, dass die Hausarztpraxen in großen Teilen Deutschlands völlig überlaufen sind und überhaupt keine neuen Patienten mehr annehmen.
Die Hausärztin meines damals schwerkranken Vaters ist letztes Jahr mit Mitte 70 in Rente gegangen, nachdem sie fünf Jahre lang erfolglos eine Nachfolge für ihre Praxis gesucht hat. Gab dann eben keinen Nachfolger.
Meine Mutter hat bei 20 Hausarztpraxen am Tresen gestanden und gebettelt, dass sie meinen bettlägerigen, dialysepflichtigen, pflegebedürftigen Vater als Patienten aufnehmen.
Keine Chance.
Letzten Endes hat er nur einen Hausarzt gefunden, weil seine Physiotherapeutin mit selbigem mal verheiratet war und ihren Ex-Mann persönlich gebeten hat, meinen Vater aufzunehmen.
Der war dann einmal zum Hausbesuch da (die ja für Hausärzte ein Verlustgeschäft sind und deshalb quasi nicht mehr stattfinden) und hat alle notwendigen Verordnungen (Pflegedienst, Medikamente, etc.) ausgestellt. Mehr Aufwand hatte der Hausarzt dann auch nicht mehr.
Als er die Praxis im Sommer wegen Urlaubs geschlossen hatte, lag mein Vater im Sterben.
Ich war da. Und hätte mir eine Morphin-Verordnung gewünscht, um ihm die letzten Stunden leichter zu machen. Ich habe bei sechs Hausärzten, dem Palliativnetzwerk und dem kassenärztlichen Notdienst angerufen. Keiner wollte oder konnte helfen und ins Krankenhaus wollte auf gar keinen Fall mehr.
Dann wurde eben ohne Morphin gestorben.
Das ist die Versorgungsrealität in Deutschland.
In diesem Fall nicht mal in einer komplett strukturschwachen oder sehr ländlichen Region.
Und das wird noch sehr viel schlimmer werden in den nächsten Jahrzehnten.
Wenn alles über den Hausarzt oder "Strafzahlungen" laufen soll, gibt es zwei Möglichkeiten: die Menschen tauchen noch häufiger in den ebenfalls völlig überlaufenen Krankenhausnotaufnahmen auf oder sie kratzen eben so elend ab wie mein Vater.
Aber die Privatversicherten können sich dafür über noch zügigere Termine freuen.