Eigentlich ist es doch so, dass sich diejenigen, die daran glauben, dass mit dem Tod alles aus ist, vielmehr mit dem Tod beschäftigen - es sei denn, sie verdrängen ihn.
Für alle, die an die Unsterblichkeit glauben, gibt es keinen endgültigen Tod, während der Tod für alle, die an ein begrenztes Leben glauben, fest in ihrem Weltbild zementiert ist!
Für die, die nichts mit Unsterblichkeit anfangen können, ist das Leben mit dem "Grauschleier" des kommenden Todes belastet, während die, die an die Unsterblichkeit glauben, dem ewigen Leben entgegensehen. Es dürfte wohl sehr klar sein, bei welcher dieser beiden Gruppen der Tod eine größere Rolle spielt!
Siezen in einem Forum ist seltsam, obwohl ich bei Dir fast auch Lust dazu habe. Du gibst Dich, Manuel, ja gerne kantianisch – wenn auch reichlich eigen, aber diskutieren kann man –, und so dürfte es Dir nicht fremd sein, dass das Heraushauen von Wörtern nichts damit zu tun hat, etwas begrifflich bestimmt zu haben. Oder so: Du kannst da noch dreimal fetter schreiben und siebenfache Unterstreichungen vornehmen: ohne diesen Ton, den Du zu sprechen pflegst, nehme ich Dir die lustvolle Verdrängung zugunsten Deines ewigen Lebens nicht ab. Das, was Du hier schreibst, bezeugt einen Dogmatismus, der mir sonst nur in Wachturm-Kreisen begegnet ist, man möchte ihnen eine Münze in den Hut werfen, aber sie sind gesättigt.
Eine Meinung, eine Auffassung mit den Worten zu beginnen: »Eigentlich ist es doch so ...«, das heißt die Meinung des anderen unter Wasser zu drücken, dass er gefälligst ertrinkt. Ich möchte den »Grauschleier« vieler Menschen nicht missen, all das, was sie in sich haben und geben, wohl aber die fadenscheinige Plakatierung einer Zukunft nach dem Tod, von der Du nicht das Geringste weißt – wie wir alle nicht –, außer, dass Dir das ewige Leben für Dich sinnvoll erscheint. Hast Du Dich, über die Privatmythologie Deines glänzenden Daseins hinaus, eigentlich auch einmal mit dem Zweifel beschäftigt – wenn Du das lieber hörst: mit dem philosophischen Problem des Zweifels, bei Kant ist das noch etwas verborgen, verpackt in die Transzendentale Dialektik. Aber das weißt Du ja.
Lieber Hui: Ich glaube, dass nichts, gar nichts nach dem Tod ist – außer das Leben, das sich fortsetzt. Mein eigener Tod bedrängt mich nicht. Doch auch ich wünschte, die geliebten Menschen wären nicht gestorben und meine Frau würde nie sterben. Aber es ist anders. Diesseits von Kinderunterscheidungen zwischen Himmel und Hölle. »Sinn« ist nur im Leben zu geben, für sich selbst, für andere. Ich setze das Wort Sinn in Anführungszeichen, weil ich an ihn in der Weise, dass es ihn geben müsse, nicht glaube. Um es zu überspitzen: Die Frage nach dem Sinn ist eine Todesfrage, sie zerstört das Leben, wenn es sich der Unsterblichkeit unterwirft. Davon allerdings bin ich überzeugt. Zumindest entsteht Langeweile und nicht jeder ist Baudelaire, der sie beim Namen nennen kann.
(Danke Mizi, Bandit, Dr. Rock, mikenull.)