Ich bin Organspendegegner (besser gesagt Gegner der Widerspruchslösung, wer seine Organe freiwillig spenden will, soll das gerne tun) und kenne (wie vor einigen Seiten erwähnt) jemanden (den Pfarrer) mit Spenderherz. Der lebt ganz gut damit.
Deshalb bin ich auch nicht komplett gegen die Organspende an sich. Ich glaube, dass auch die meisten anderen "Gegner" hier nicht gegen die Organspende an sich sind. Wir sind nur gegen die Art und Weise, wie versucht wird, an die benötigten Organe zu kommen.
Also dass den Menschen permanent ein schlechtes Gewissen gemacht wird, wenn sie (aus welchen Gründen auch immer) nicht spenden wollen. Dass man sie die ganze Zeit dazu zwingen will, sich mit dem Thema zu beschäftigen, obwohl die meisten vermutlich ganz andere Sorgen haben und vielleicht gar nicht die mentale Kraft, sich damit gerade auseinanderzusetzen. Dass man dabei die Gründe, welche gegen eine Spende sprechen könnte, im begleitenden Werbematerial meist gar nicht erwähnt, es also eine einseitige "Aufklärung" ist.
Dass man zunehmend sogar soweit gehen will, sich einfach über die Köpfe der Betroffenen hinwegzusetzen, wenn sie nicht rechtzeitig widersprochen haben. Dass Sorgen, dass ein Widerspruch verloren gehen könnte (so eine Pappe mit Widerspruch im Geldbeutel verschwindet leicht) oder dass ein Eintrag in eine entsprechende Datenbank negative Konsequenzen haben könne, schlicht nicht ernst genommen werden. Genausowenig wie Sorgen dass bei der Feststellung des Hirntodes vielleicht doch geschlampt wurde (aus Unwissenheit der Ärzte, muss gar keine böse Absicht sein).
Worüber dabei nicht diskutiert wird ist, wie man z.B. die Hirntodfeststellung sicherer machen könnte. Oder dass nach der ersten Diagnostik nochmals 2 Wochen vergehen müssen, ehe eine zweite Hirntoddiagnostik einen tatsächlich zur Entnahme freigibt (in der Zeit muss weitergepflegt werden, als bestünde noch Hoffnung). Oder dass der Spender grundsätzlich nur unter Vollnarkose explantiert werden darf. Kurz: alles was Kosten produziert, wird schonmal grundsätzlich nicht in Betracht gezogen.
Ich habe schon ein paar mal mit Freunden und Bekannten über das Thema geredet, wenn es aus irgendwelchen Gründen mal aufkam. Darunter einige, die zwar an sich bereit wären, zu spenden, aber keinen entsprechenden Ausweis besitzen. Auf die Frage nach dem Warum kamen dann stets die Sorgen, dass der Hirntod nicht richtig festgestellt wurde und dass sie die endgültige Entscheidung daher lieber den Angehörigen überlassen, dass diese sich erst mal selber davon überzeugen können, dass da nicht doch noch ein Hauch Leben in einem ist.
Und einen nur dann freigeben, wenn auch sie der Überzeugung sind, die Ärzte haben alles richtig gemacht. Sprich: sich haben absichtlich keinen Ausweis, dass Ärzte nicht zu sehr geneigt sind, die Diagnostik allzu schlampig durchzuführen, weil die Angehörigen nach der Diagnose dann nichts mehr machen könnten.
Denn gerade die Angst bleibt doch selbst bei der Einführung der Widerspruchslösung: dass Ärzte zu sehr auf die Organe geiern. Wenn es dumm läuft, widersprechen die Leute dann direkt zur Sicherheit mal und es gibt noch weniger Spender als zuvor. Es sei denn, der Staat führt es bei der nächsten Fußball-EM/WM ein, dass es möglichst keiner mitkriegt. Ob ein dann fehlender Widerspruch eine Zustimmung bedeutet, wenn viele die Änderung gar nicht mitbekommen haben, wage ich zu bezweifeln.