Bei allen Diskussionen um Abtreibung in USA darf man nie vergessen daß die Verhältnisse dort massiv anders sind als bei uns. Viele Frauen sind extrem arm, von staatlichen Hilfen vergleichbar unserem Bürgergeld allein kann dort niemand leben, die sind auf eigenes Brotverdienen angewiesen, aber es gibt praktisch keinen Mutterschutz und von bezahltem Elternurlaub nach der Geburt können die meisten Amerikanerinnen nur träumen, wenn überhaupt gibt es sowas nur in sehr gut bezahlten Dauerpositionen, Wissenschaftlerinnen, Rechtsanwältinnen, vielleicht noch Lehrkräfte in Schulen, diese Größenordnung, aber nicht die schlecht bezahlte Burgerbraterin und Tellerwäscherin in irgendeiner Fastfood-Bude, wenn die länger als ein paar Tage wegbleibt kann sie sich gleich eine neue Stelle suchen, Geburt hin oder her, denn Ersatz ist jederzeit zu finden.
Auf Väter ist kein Verlaß, denn wegen des dortigen Meldesystems (kaum existent) ist es leicht für einen Kindsvater unbekannt zu verschwinden und jede Beanspruchung für Unterhalt, durch die Mutter direkt oder durch Behörden, zu vermeiden. (Ich weiß nicht mal ob die Jugendämter dort sich überhaupt mit Unterhaltsfragen befassen.) Die in den USA so hochgehaltene Eigenverantwortung bedeutet natürlich auch, daß eine Frau sich lieber vorher überlegen sollte, von wem sie sich schwängern läßt, am besten innerhalb einer bestehenden Ehe zwecks rechtlicher Absicherung, oder daß der Typ wenigstens so vertrauenswürdig ist daß er nicht stiften geht, wenn er für Kind und Mutter löhnen soll.
Wer aber arm ist, kann sich auch kaum Verhütungsmittel leisten, denn die müssen regelmäßig angewendet werden bei sexuell aktiven Personen, deshalb verlassen sich viele arme Frauen tatsächlich auf das Recht auf Abtreibung, denn wie gesagt, verhüten müßte man ständig, aber Schwangerschaften passieren viel seltener, rein kostenmäßig aufgerechnet ist die Frau mit einer Abtreibung hin und wieder (ambulant vorgenommen und als Standardbehandlung relativ billig zu haben) daher finanziell besser dran, und bei Umfragen hat sich ergeben, daß tatsächlich sehr viele amerikanische Frauen im mittleren Alter schon 5 oder mehr Abtreibungen hinter sich haben.
Bei uns undenkbar trotz liberaler Regelung, aber dort der einzige Schutz vieler Frauen vor dem totalen Elend, denn sich ein Kind leisten mit all seinen Kosten und Ansprüchen (Betreuung) können die natürlich nicht, wo sollte das Geld dafür herkommen.
Und auch eine Krankenversicherung können sich viele nicht leisten, das heißt bei einer Geburt können sie sich keinen Krankenhausaufenthalt leisten und natürlich auch keine hohen Arztrechnungen, die die Kosten einer Abtreibung weit übersteigen. Wenn es Komplikationen geben sollte, sind sie ohne (zu teure) Behandlung tot. Obamacare wurde ja von den Republikanern so gut wie möglich abgewürgt.
Auch die Bestellungen der "Pille danach" gehen sicher nicht von diesen ganz Armen aus, sondern vermutlich von jungen Mädchen des Mittelstandes bis Reichen, die sich das leisten können und für den Fall einer unerwünschten Schwangerschaft lieber vorbeugen wollen, wenn eine Abtreibung nicht mehr so leicht zu kriegen ist wie früher. Und natürlich von Apotheken und Ärzten und den Helfern in sozialen Einrichtungen die aufstocken für die zu erwartende Nachfrage.