Ich finde du machst es dir viel zu einfach indem du unbelegte Thesen über hohe Produktivität in den Raum stellst und dann sinngemäß sagst: Kann zwar schief gehen, aber lasst es uns mal probieren!
Letzen Endes muß man etwas Neues immer probieren, da es ja noch keine empirische Erfahrung damit gibt. Und warum steigt die Produktivität? - Menschen, die freiwillig arbeiten sind motivierter als solche die unter Zwang arbeiten. Die Abhängigkeit von der Erwerbstätigkeit und der darus resultierende Widerstand gegen Rationaliserungen mit Arbeitsplatzabbau sinkt. So ist mehr davon umsetzbar. (Lockerung der gesellschaftlichen Bremse für den Produktivitätsfortschritt).
Außerdem müssen körperlich anstrengende und stupide Tätigkeiten besser bezahlt werden. Und die können sehr gut von Maschinen übernommen werden. Ökonomisch möglich und sinnvoll ist das aber nur, wenn die menschliche Arbeit teurer als die Maschinenarbeit ist. Dann amortisiert sich diese Umstellung. Sonst nicht. (Lockerung der ökonomischen Bremse für den Produktivitätsfortschritt.)
Ich gehe davon aus, dass eine vollständige Lösung dieser beiden Bremsen erst etwa 50 Jahre nach der Ersteinführung des BGE möglich ist; und das auch nur dann, wenn es in dieser Zeit schrittweise in der realen Kaufkraft vom Existenzminimum auf das Doppelte des Existenzminimums angehoben wird. Dann erst kann man voll rationalisieren nach dem Stand der Technik; und erst dann entfaltet das BGE seine volle Wirkung.
Wie zuvor mehrfach erwähnt, sind fast alle Vorteile, die zum BGE genannt werden im Rahmen des existierenden sozialen Systems möglich. Es wäre auch der viel logischere Schritt dieses System zu verändern um die Vorteile zu erreichen.
Alle Vorteile des BGE sind mit Sicherheit nicht im bestehenden System erreichbar. Z.B. die vollständige Sicherung des Lohnabstandsgebotes geht nur mit einem BGE. Denn dann hat jeder einen Sockelbetrag und es gibt niemanden mit weniger als dem BGE. Das geht aber nur, wenn es nicht beantragt werden muß (Antragstellung schreckt ab und manche kennen auch ihre Rechte nicht) und es keine Kürzungen gibt. Also nur mit dem BGE. Wer dann nicht hinzuverdient, hat nur das BGE. Wer dagegen dazuverdient (die Mehrheit wird das tun) bekommt dann den Nettolohn auf das BGE obendrauf und hat so mehr verfügbares Einkommen. So wird das Lohnabstandsgebot ohne Ausnahme in jedem Fall gesichert. Und das ist sehr gerecht.
Heute dagegen kann es im unteren Lohnbereich vorkommen, dass jemand mit Job nur wenig mehr als mit Hartz IV hat; manchmal auch überhaupt nichts zusätzlich. Der arbeitet dann quasi für lau. Das ist ungerecht.
Man könnte beispielsweise die Sanktionen bei Hartz 4 streichen und hätte dann nahezu ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle Menschen, die es wirklich brauchen. Es wäre weniger risikoreich als ein BGE und ein erster Schritt.
Ja, das wäre tatsächlich schon ein erster Schritt und wird daher auch von fast allen BGE-Befürwortern unterstützt. Das ist allerdings schon ein enormer Schritt weg von Hartz IV, denn bei diesem System sind die Sanktionen ein wichtiger Bestandteil.
Ebenfalls könnte man die Steuerfreibeträge erhöhen. Der liegt derzeit bei gut 10.000 € im Jahr. Um geringen aber auch mittleren Einkommen zu helfen, könnte man diesen Freibetrag anheben. Auch andere Einkommensreformen zugunsten kleiner Einkommen wären denkbar.
Dann kann man schauen, ob es schrittweise(!) funktioniert.
Da bin ich auch dafür. Das ist auch mit dem BGE so. Beispiel:
1.000 Euro BGE monatlich = 12.000 Euro jährlich. Grenzbelastung auf jeden Hinzuverdienst 50%. Grundfreibetrag = 12.000 Euro : 50% = 24.000 Euro. Eine sehr starke Erhöhung dieses Grundfreibetrages. Alle anderen Freibeträge können daher wegfallen; ebenso die Kilometerpauschale für den Weg zu Arbeit (ist ein entfernungsabhängiger Freibetrag).
Die 24.000 Euro sind tatsächlich sowohl die Transfergrenze für die darunterliegenden Einkommen und zugleich der Grundfreibetrag für die darüberliegenden Einkommen. Zusammen ist das Ganze ein integriertes Steuer- und Transfersystem aus einem Guß. Es ist in seinen Wirkungen viel komplexer als es zunächst erscheint. Das hat den Vorteil, dass es sich viel differenzierter auswirkt als zunächst gedacht und somit auch tatsächlich gerecht ist. Es ist eben keine Gießkanne. Es hat aber auch einen Nachteil: Durch die Komplexität ist es auf den ersten Blick schwer verständlich.
Mach mal ein paar Modellrechungen: Nimm das BGE und addiere dann für verschiedene Bruttolöhne 50% vom Bruttolohn hinzu und vergleiche diese Summe (= das verfügbare Einkommen) mit dem Bruttolohn. Nimm z.B. mal 10.000, 15.000, 18.000, 30.000, 50.000, 80.000 und 100.000 Euro Jahresbruttolohn. Schreib mir bitte mal Deine Erkenntnisse!
Heute über ein BGE nachzudenken ist so wie ein Fahranfänger, der direkt einen Porsche will, auch wenn er nicht weiß, ob er das Fahrzeug überhaupt beherrscht oder es sich leisten kann.
Klar in der Paxis wird es Zwischenschritte geben.
Für die meisten Befürworter ist zudem klar: Es bezahlt ein Anderer.
Die Menschen sind halt egoistisch.
Der Hauptunterschied zwischen einer Verbesserung des bestehenden Sozialsystems und eines BGE ist, dass ein BGE:
- drakonische Steuern zur Finanzierung benötigt
- massive soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Risiken hat
- eine massive Umverteilung von Einkommen und Vermögen bedingt
Und ich unterstelle böswillig: Es geht den meisten BGE Befürwortern nur um den letzten Punkt.
Da gibt es Unterschiede: Der linke Flügel der BGE-Szene will tatsächlich eine starke Umverteilung; ich bin für eine maßvolle Umverteilung; und Götz Werner wollte gar keine Umverteilung. Guckst Du hier:
05.04.18Zu Gast sind Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Ex-Manager Thomas Middelhoff, Autor Michalis Pantelouris und Unternehmer Götz Werner.Quellehttps://w...
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