Hm. Wie soll man das im Feld auch prüfen? Es gibt ja kein BGE. Klar ist Hartz belastend (für die meisten) mit den ganzen Auflagen, Terminen, Amtsbesuchen etc.
Aber bedingungslos Geld zum Leben? Ohne die o.g. negativfaktoren? Wer sagt dass nicht Arbeiten dann immer noch so belastend ist? Ich kann mir das schon vorstellen, dass diese Variante für viele einen gewissen Reiz hätte verglichen mit ALG
Es kommt auf die bedingungen an, die man stellt! In erster Linie ist man ja ein Mensch, und hat ein Recht auf Menschenwürdige behandlung auch wenn man nicht arbeitet.
Also ich finde das Konzept des BGE generell in Ansätzen nicht schlecht, bin aber prinzipiell der Meinung, dass das nicht die richtige Lösung ist. Meine persönliche favorisierte Lösung wäre eine grundliegende Reform des Arbeitslosengeldes.
Und dabei würde ich Ansätze und ideen des BGE mitnehmen, aber auch Ansätze anderer Sozialhilfesysteme. Also eine Mischung.
DAS BGE hat nur deswegen so einen schlechten Ruf, weil es sich als Schlagwort für eine Art "Klassenkampf" eignet: Wooozzzz? Da kriegt jemand geld geschenkt?
Aber was wir wirklich brauchen wäre doch ein gut durchdachtes und faires Sozialhilfesystem MIT einer art "Basissicherung", das es möglich macht, menschenwürdig und OHNE sich komplett nackt zu machen zu leben, aber das eben auch die Möglichkeit schafft, da wieder raus zu kommen und zu wollen. UND das auch ein Signal an Arbeitgeber ist, ihre Jobs nicht gar zu unterirdisch zu machen.
Auch was ich weiter oben geschrieben habe: Also dass die reale Lebensarbeitszeit eine Rolle spielen MUSS wäre für mich ein wichtiger Eckpunkt. Ein weiterer wäre zB dass alle einzahlen: Also auch Selbständige und Beamte.
Dafür würde ich stärker die Möglichkeit lassen, sich das Geld selber einzuteilen, denn das schafft in meinen Augen mehr Motivation, als so wie es gerade ist und es schließt einige Lücken, bei denen gigantische Betrügereien möglich sind (Stichwort: Heruntergekommen Wohnungen, die der Staat überteuert finanziert). je einfacher und klarer ein System ist, desto schwerer kann man betrügen.
DAS wäre so mein Denkansatz. Also eine Art Mischung aus vielen dieser Aspekte.
Vom BGE finde ich vor allem richtig, dass man eben nicht klein klein alles mögliche an Bedingungen hat, die letztlich auch nur ein paar Pfennig hin oder her ausmachen aber demütigend für die Empfänger sind: gedemütigt werden sollte KEINER.
Wer von einem System gedemütigt wird, der neigt doch auch viel eher dazu, es zu bescheißen.
Also Eigenverantwortung und eine gewisse Freiheit, wofür man sein geld ausgibt, halte ich für wichtig und dass das gut ist zeigt sich doch in anderen ländern.
mal ein kleines Beispiel aus meinem Bekanntenkreis. eine gute Freundin von mir war wegen Corona in hartz 4 gerutscht. Sie hat also eine Weile Leistungen bezogen und musste die dann immer wieder neu für -ich glaube 6 Monate- beantragen. kurz nachdem sich dann wieder einmal 6 Monate bewilligt bekommen hatte, bekam sie einen Job, den sie nach 2 der bewilligten 6 Monate antreten konnte. Also sie braucht hartz nur noch für 2 aber nicht mehr für 6 Monate.
Das teilte sie natürlich gern dem Amt mit: hey, ihr müsst mir nur noch 2 Monate zahlen, die letzten 4 Monate könnt ihr behalten. Alles supi würde der Otto Normalverbraucher sagen, oder?
neeee nicht mit dem Amt!
mal abgesehen davon dass sie vom Amt ein höchst unfreundliches Schreiben ohne Anrede bekam, wurde sie dazu aufgefordert, gefälligst die vollen 6 Monate zu nehmen und weiterhin alle ihre sonstigen Eingaben und Ausgaben anzurechnen und Auflagen einzuhalten. und sie musste sich sogar weiterhin bewerben, weil ihr sonst die Leistungen gekürzt würden. (sie aber dann die volle Höhe hätte zurückzahlen müssen, die bewilligt wurde)
Es wurde ihr dann klar gemacht, was ihre "Mitwirkungspflicht" wäre und wehe wenn sie nicht genauso spurt und weiterhin die Hosen runterlässt. Sie musste also kompliziert alles was sie in den 4 Monaten verdient und auch ausgegeben hat weiter angeben und sich an Auflagen halten, obwohl sie einen festen Job hatte. (Dass sie umziehen musste für den Job führte dann zB zu Problemen, denn sie hatte ja eine Auflage bzgl des Wohnsitzes und der Wohnungsgröße, aber warum soll man in einer kleinen Butze wohnen bleiben nur weil das Amt einem sonst leistungen kürzt, die man eigentlich garnicht mehr will? Oder dass sie eine "Fortbildung" nicht machen konnte, weil sie ja arbeitete, war auch nicht einfach zu vermitteln)
Und dann musste sie HINTERHER natürlich entsprechend zurückzuzahlen. (Aber ihr wurde gedroht: Wenn sie Auflagen nicht einhält- was sie ja unter Umständen garnicht kann, denn sie war ja wieder in Arbeit- würde ihr das hartz, das sie garnicht brauchte - gekürzt, sie müsste es aber in voller Höhe zurückzahlen, als HÄTTE sie es bekommen, denn es war ja bewilligt
)
Also letztlich hat man sie noch 4 Monate weiter gegängelt und ihr Auflagen gemacht nur weil man ihr Zahlungen leisten wollte, die sie garnicht haben wollte.
und das beste:
Rein rechnerisch war es dann möglich gewesen, dass sie hinterher die Rückzahlungen nicht hätte stemmen können. (Weil sie ja theoretisch mehr hätte zurückzahlen müssen, als sie bekommen hätte, wegen nicht eingehaltener Auflagen).
Also bot man ihr vom Amt für diesen fall noch weitere Zahlungen an, um dann in den darauf folgenden nächsten 6 Monaten die Rückzahlungen abstottern zu können....
Wer das jetzt nicht kapiert und den Kopf schüttelt ist wohl nicht allein!
Also bitte sagt mir jetzt keiner ,dass SO die Motivation zur Arbeit aussieht und dass das einfach und unbürokratisch ist.
ich meine: was ist mit einem System kaputt, das DERART verquer ist? DAs ist doch ein Schildbürgerstreich. Das System ist zu bürokratisch, zu kompliziert und zu teuer. und es sabotiert sich selbst.
Dass man unter solchen bedingungen vielleicht irgendwann keinen Bock mehr hat zu arbeiten (vor allem dann, wenn es nicht viel mehr einbringt) und resigniert, ist klar.
Es muss eine Vereinfachung her, das bisherige System ist einfach gescheitert, bzw passt nicht mehr zur heutigen Lebensrealität.
DAS motiviert doch viel mehr, also ständig mit Sanktionen zu winken, weil man seine heizkosten noch nicht eingereicht hat.