Ich bin wirklich arg erstaunt, wie viele hier ein sehr rigides Vorgehen unserer Polizei und Justizbehörden fordern.
Dabei wird aber oft vergessen, dass eben unsere Justiz immer für ALLE gilt und dass Verhältnismäßigkeiten immer gewahrt werden müssen.
Also ähnliche Vergehen werden ähnlich gehandhabt.
Vorgänge bleiben stets die gleichen: Also das Procedere muss gleich bleiben.
Was hier manche fordern käme einer umfassenden Reform der Polizeibefügnisse und der Justiz gleich.
Auch wenn man das in der Wut offenbar nicht sehen will, muss man sich einfach mal klar machen, wie unsere Justiz arbeitet.
OK, man kann jetzt sagen: jemand, der fahrlässig den Verkehr behindert, begeht eine Straftat, keine Frage und hier muss also mit aller Härte eingeschritten werden.
OK gut: Kann man so sehen, aber man darf dann halt nicht vergessen, dass dies dann für ALLE gelten würde, die fahrlässig den Verkehr behindern.
Also jemanden zB präventiv in Gewahrsam zu nehmen ist im Katalog der möglichen Interventionen schon eine der härteren.
Wenn wir also die härtesten Maßnahmen bereits bei den Klimaschützern anwenden, die sich auf die Straße kleben (kommt es nicht auch ein wenig darauf an WO die sich hinkleben?)...dann strahlt das auch nach unten und nach oben aus:
Also ganz simpel oder?
Festkleben auf zB einer Straße, ohne Absicht Menschenleben zu gefährden, ohne tötlichen Ausgang, aber mit potentieller Gefährdung und Behinderung im Berufsverkehr: 30 Tage Präventionshaft
Über die Gleise laufen und ein bahnchaos auslösen ohne Absicht Menschenleben zu gefährden, ohne tötlichen Ausgang, aber mit potentieller Gefährdung und Behinderung Im Berufsverkehr: 30 Tage Präventionshaft
auf der Autobahn 200 fahren, wo nur 120 erlaubt ist, ohne Absicht Menschenleben zu gefährden, ohne tötlichen Ausgang, aber mit erheblicher Gefährdung: 30 Tage Präventionshaft.
usw usf.
Und was bekommen dann zB die, die bei einer Demo nicht nur behindern, sondern zB zusätzlich auch noch gegen die Waffengesetze verstoßen? 40 Tage?
Und was bekommt der, der zB den Verkehr behindert, weil er seine Karre so blöd geparkt hat, dass der Notarzt nicht mehr durchkam und einen Umweg fahren musste? 20 Tage?
Wie stufen wir das ein und wer bestimmt die Wiederholungsgefahr und auf welche Weise tut er das? Ist es schon ein Eingeständnis, dass man seine tat wiederholen würde, wenn man zB immer mal wieder zu schnell am Steuer erwischt wird oder wenn man sich ein noch schnelleres Auto kauft?
Also ich hoffe, wir sind uns einig, dass es natürlich richtig ist, Menschen, die offenbar drauf und dran sind andere Menschen zu töten oder ihnen Gewalt anzutun, aus dem Verkehr gezogen werden müssen.
Aber wollen wir wirklich in einem Staat leben, der auch die Dinge, die weiter "unten" im Gefahrenpotential angesiedelt sind genauso rannimmt?
Wo ist dann die Grenze?
Wo führt das hin und wo soll das aufhören?
Wie gesagt: man KANN das meinetwegen gerne so sehen, aber unser Rechtssystem ist kein Selbstbedienungsladen und wenn man grundsätzlich die Maßnahmen derart verschärfen will, kann das eben auch irgendwann einen selber treffen oder eben in eine ungute Richtung gehen, die nicht mehr zu kontrollieren ist.
ich befürchte, die gleichen Stimmen, die hier nach härtesten Maßnahmen, wären DANN doch wieder laut und würden sich über die "Polizeistaat" aufregen, wenn die entsprechenden Konseuqenzen einer derartigen Ausweitung der Gewahrsamshaft dann auch viele weitere Bereiche des öffentlichen Lebens umfassen würden. Denn DAS wäre bei einer objektiven Justiz die Folge: Dass sich das ganze viel weiter ausdehnt.
Unsere Polizei und Justiz haben andere Mittel um die öffentliche Sicherheit herzustellen: Die Mittel, die sie bei allen anderen Demos ja offenbar auch für ausreichend befinden.
Eine Haftstrafe (auch wenn es nur eine Untersuchungshaft oder eine Gewahrsamshaft ist) hat immer weitreichende Konsequenzen für die Betroffene Person: Vom Jobverlust, bis zur Betreuung der Kinder usw.
Und ich möchte ehrlich gesagt nicht unbedingt in einem Staat leben, in dem man so schnell mal eben 30 Tage einfährt: Egal ob es nun um Klimaschützer, Rechtsradikale oder sonst was geht: ich bin absolut dagegen unsere Jusitz manipulationsanfälliger zu machen.
Und auch wenn man sich von der allgemeinen Wutstimmung noch so hat anstecken lassen und die Klimaschützer am liebsten aufhängen würde, sollte man doch mal sein demokratisches Denken einschalten und sich klarmachen: Sowas bleibt nicht bei den von mir sooo verhassten Klimaschützern. Rechtsgrundsätze, die einmal aufgeweicht werden öffenen Missbrauch Tür und Tor.
Und dann lesen wir wieder, dass ein Mann zB 30 Tage im Bau war, weil seine Frau ihn fälschlicherweise angezeigt hat, er hätte gedroht, ihr sie wiederholt zu verprügeln und dann hat der gute Mann vielleicht schon seinen Job verloren, bevor es überhaupt zu einer ordentlichen Verhandlung kommt.
Würde ich jetzt sooo nicht wollen.
Wäre aber einfach zuende gedacht, was hier so gefordert wird.