Zu der olympischen Abendmahls-Kontroverse möchte ich abschließend auch noch etwas sagen:
Eine "engstirnige Interpretation" oder gar "falsche Annahme" liegt hier wohl kaum vor. Es ist angesichts aller Umstände ausgesprochen naheliegend und kaum glaubhaft abzustreiten, dass ein klarer Bezug zum letzten Abendmahl besteht.
Vor der eigentlichen musikalischen Darbietung wurde die Szene ja wohl auch bereits in einer anderen Anordnung gezeigt, die dem Abendmahls-Motiv noch sehr viel ähnlicher ist - ohne Dionysos, dafür mit passender Anzahl an Personen in ähnlicher Positionierung wie bei da Vincis Bild. Nachlesen und die Bilder vergleichen kannst du hier (und du bist doch ein KI-Fan - schau mal, was ChatGPT dazu sagt...
):
War die etwas skurril wirkende Szene während der Olympia-Eröffnung nun da Vincis „Das Letzte Abendmahl“ oder van Bijlerts „Festmahl der Götter“? Darüber stritt sich diese Woche gefühlt die halbe Welt. Warum also nicht mal die Künstliche Intelligenz fragen?
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Ich weiß wirklich nicht, wie man da noch annehmen kann, das ganze hätte gar nichts mit dem christlichen Motiv des letzten Abendmahls zu tun und die Ähnlichkeit sei rein zufällig...
Dass der Regisseur diesen Eindruck erwecken will und hartnäckig darauf beharrt, ist auch der Punkt, den ich persönlich an dieser ganzen Angelegenheit am unglücklichsten finde.
Denn ich stimme der Kritik, es sei eine absichtliche Veralberung von Christen oder ein Angriff auf ihren Glauben gewesen, eher nicht zu. Die Szene wirkt auf mich nicht wirklich provokativ und herausfordernd. Das Lied, das Dionysos singt, gefällt mir sogar ganz gut und erscheint mir nicht unstimmig... es ist nicht schrill oder aufdringlich, sondern ganz ruhig, fast wehmütig, sehnsuchtsvoll, melancholisch. Und das Agieren der anderen Darsteller passt dazu.
Ich nehme dem Regisseur also durchaus ab, dass es ihm nicht vornehmlich um Provokation, sondern eher um Akzeptanz und ein friedliches Miteinander aller Menschen ging, und dass er das christliche Motiv des letzten Abendmahls und van Bijlerts Variante davon mit feiernden griechischen Göttern dabei für geeignet hielt.
Ich finde, das hätte er auch einfach so sagen können, als klar wurde, dass er sich verschätzt hatte und eben doch etliche Christen auf seine Inszenierung sehr empört reagierten... statt zu versuchen, sich damit herauszureden, dass das Abendmahl hier gar kein Thema gewesen sei. Diese unglaubwürdige Behauptung hat die Diskussion erst so richtig angefacht und dann auf allen Seiten zu Verletzungen geführt. Das war Mist... und tut mir nicht zuletzt auch für die Darsteller der Szene leid, die sich sicherlich andere Reaktionen und eine andere Entwicklung der ganzen Geschichte gewünscht hätten.