du hast hier ja geschrieben, dass du ADHS hast, und deshalb natürlich auch ein paar Probleme.
Aber das erzählst du doch hoffentlich nicht im Bewerbungsgespräch, oder?
Nur wenn ich mich mal bei einer Zeitarbeitsfirma bewerben muss.
Das ist (leider) immer ein ziemlich sicherer Weg, dort oder bei anderen Arbeitgebern
nicht genommen zu werden.
Finde es aber auch schlimm, wie negativ besetzt das Schlagwort "ADHS" immer
noch ist. Meiner Meinung nach ist das halt ne Einschränkung wie Herzschwäche,
amputiertes Körperteil, Narkolepsie usw. Ich hab es mir nicht ausgesucht, muss
damit irgendwie leben, was halt eher mäßig funktioniert und man bekommt zu 90%
wirklich absolut kein Fitzel Verständnis in der modernen "GELD GELD GELD
SCHNELL SCHNELL SCHNELL" Arbeitswelt dafür entgegen gebracht.
Es ist eher so, habe ich das Gefühl, als würde man dafür verurteilt, eben anders zu sein.
In der Ausbildung hatte ich durchgehend Tage mit 7 Stunden Arbeit plus 45 Minuten
Pause und Freitags 6 Stunden. Die eine Stunde mehr hab ich mir dann weniger
bezahlen lassen.
Das ging gut und war meiner Aufmerksamkeitsspanne ideal angepasst.
Und jetzt habe ich da 8 Stunden Tage, ne halbe Stunde Pause wenn es hoch kommt,
soll auf Knopfdruck wahlweise in Früh oder Spätschicht einfach funktionieren und
mich nicht beschweren. Scheinbar wird das von einem guten "Hamster im Hamsterrad"
so verlangt.
Ich bin schon oft genug durch die Andersartigkeit aus Jobs rausgefallen weil ich eben
nicht so eine konstante Aufmerksamkeit und Fokus auf die jeweilige Tätigkeit hatte
und eben zwischendurch mal kurze Pausen brauchte, um mich wieder zu sammeln.
In meiner Freizeit, wo ich auch gern an Dingen schraube bzw. repariere, ist das kein
Problem, da stell ich das einfach beiseite, dreh ne viertel bis halbe Stunde ne Runde
ums Haus und mach dann weiter, aber im Betrieb zählt ja gefühlt jede Sekunde.
Und so kommt es dann, dass bei den Entlassungsgründen während der Probezeit
oft steht "Unkonzentriert" "Schnell abgelenkt" "Vergesslichkeit" "Passt nicht ins
Team" oder eben andere Aussagen, die durch die Blume aber eigentlich immer die
Kernsymptome von ADHS treffen.
Ich habe auch eigentlich in jedem "letzten Gespräch" dann gesagt, dass ich eben
ADHS habe und was das ausmacht. Ein paar wenige haben tatsächlich echtes
Verständnis gehabt (zumindest dachte ich das aufgrund der Reaktionen) und
beim Rest galt eher so die Mentalität "Stell dich nicht so an!"
Das ist für mich dann so ein Vergleich als wenn ich zu einen mit Lähmung sagen
würde "Ja, dann lern Laufen!" oder bei einem dem ein Bein fehlt, sage ich dann
"Dann lass dir nen zweiten Fuß wachsen!"
Ja, ich weiß, ADHS ist in gewissem Rahmen auch behandelbar, ich bin jetzt seit
paar Wochen in einer Selbsthilfegruppe und es bringt mir auch schon etwas,
aber es gibt Dinge, die kann auch keine SHG lösen bzw. selbst mit professioneller
Unterstützung ist das recht langwierig.
Schlimm sind aus all den genannten Gründen und Erfahrungen immer die Leute
mit den besonders "schlauen" Tipps aus der Kategorie "Stell dich nicht so an!"
"Da müssen wir auch durch!" oder "Willkommen im echten Leben!"