Aus Protest hilft in meinen Augen auch nichts. In Deutschland ist Organhandel denke ich ein kleineres bis gar kein Problem. Ich habe jedenfalls noch von keinem Fall gehört, in dem ein Deutscher auf der Straße entführt und ohne Organe wieder gefunden wird. Dazu gibt es andere Länder, in denen nicht so genau nachgeforscht wird... Aber die juckt es nicht, ob der Deutsche spendet oder nicht. Im Gegenteil: je weniger Spender, desto mehr potenzielle Kundschaft für den illegalen Handel.
Dass man nicht wählen kann, an wen das Organ geht, finde ich sogar gut. Denn wie schnell endet das in "aber nur für nen Biodeutschen und keinesfalls an nen Moslem"? Nein, nein. Wenn es uns schon so wichtig ist, dass jeder Mensch vor dem Gesetz gleich ist, muss das auch für das "Recht" auf ein Organ gelten, bei dem nun mal nur aufgrund von Dringlichkeit und Erfolgsaussichten (der nasse Alkoholiker kriegt sicher keine neue Leber) zugeteilt wird. Auch hier: jedes Organ hilft. Selbst wenn mein Organ an nen Vergewaltiger geht, dann geht das nächste an den Familienvater, der sonst vielleicht nicht mehr rechtzeitig eins gekriegt hätte.
Organkauf/tourismus sehe ich ebenfalls eher in Ländern wie Spanien ein Problem. Mal im ernst: als reicher Schnösel aus dem Ausland, da gehe ich für ne Organspende doch nicht ausgerechnet nach Deutschland, wo man dann auch kaum an ein Organ rankommt? Da gehe ich doch eher nach Spanien, wo ich nur nen Bruchteil so lange warten muss (soweit ich weiß, gibt es da sogar in der Tat einen Organtourismus... gibt z.B. deutsche Kranke, die genau dann in solche Länder auswandern, wenn absehbar wird, dass sie eins brauchen werden)...
Von daher finde ich, dass man diese Probleme nicht als Grund nehmen sollte, nicht zu spenden. Denn im Grunde genommen hilft jedes Organ, den Mangel zu beseitigen. Wichtig ist nur, sich mit dem Thema und dem Ablauf zu beschäftigen. Und sich dann zu entscheiden, ob man es sich (unter welchen Voraussetzungen) vorstellen kann oder nicht. Gerade weil wir keine Widerspruchslösung haben (worum ich froh bin, niemand hat ein Recht auf meinen Körper) müssen wir uns umso mehr damit beschäftigen als Menschen in Ländern, in denen eben jeder expantiert wird der nicht rechtzeitig widersprochen hat. Aber wie auch immer die anschließende Entscheidung aussieht: sie muss akzeptiert werden. Man sollte sich nicht dafür rechtfertigen müssen, wenn man das für sich nicht will. Niemand darf jemand anderem ein schlechtes Gewissen einreden, auch dann nicht, wenn man ein solches Organ bräuchte.
Missstände wie keine Vollnarkose oder Geiern auf Organe müssen natürlich trotzdem angesprochen und angegangen werden. Denn nur die Sicherheit, dass wirklich erst dann an eine Spende gedacht wird, wenn wirklich alles versucht wurde, um einen selbst zu retten und dass man keine Schmerzen haben wird, wird die Leute (einschließlich vielleicht sogar mich) dazu kriegen, ihr Einverständnis zu geben. Solange man diese Ängste nicht ernst nimmt und mit "du bist ja nur egoistisch und willst nicht helfen" überspielt, bleibt es für viele nun mal beim 'Organspende? Nein Danke!'.