Zum Thema soziale Menschenrechte hat es meiner Meinung nach Eberhard Schultz ( Menschenrechtsanwalt und Vorsitzender der Eberhard-schultz-stiftung für soziale Menschenrechte und Partizipation) ganz treffend formuliert: „
Ohne rechtliche Verankerung der sozialen Menschenrechte wird es im Deutschland des 21. Jahrhunderts keine soziale Gerechtigkeit geben und keinen Sozialstaat, der diesen Namen verdient.“
Soziale Menschenrechte sind
juristische Instrumente zur Absicherung eines menschenwürdigen Lebens für alle, die seit 1966 im Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte von
1966, dem sog. UN- Sozialpakt, konkretisiert und damit völkerrechtlich verbindlich geregelt sind.
Konkret beinhalten sie:
- Das Recht auf Arbeit, gerechte Arbeitsbedingungen, gleichen Lohn, Freizeit, Koalitionsfreiheit, Art. 6-8
- Das Recht auf soziale Sicherheit, Art. 9
- Das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard bezüglich Ernährung, Bekleidung und Wohnung, Art. 11
- Das Recht auf ein Höchstmaß an geistiger und körperlicher Gesundheit, Art. 12
- Das Recht auf Bildung, Art. 13, 14
- Das Recht auf Freiheit des Kulturlebens, Art. 15
https://sozialemenschenrechtsstiftung.org/menschenrechte/soziale-menschenrechte.html
Wie ich schon sagte halte ich das BGE nicht für die Allzwecklösung, aber aus meiner Sicht gäbe es viel zu gewinnen.
So viel nicht, wenn es finanzierbar sein soll und Leistung trotz allem mehr wert bleiben soll als Faulheit.
Und 1966 ist auch schon eine Weile her, damals gab es noch deutlich mehr Ungerechtigkeiten als heute.
Gehen wir mal die Paragraphen durch:
"Recht auf Arbeit" läßt sich in einer freien Wirtschaft, wo sich die Arbeitgeber ihre Arbeitskräfte nach Gusto aussuchen, kaum verwirklichen, außer der Staat ist der Dumme, indem er alles einstellen "muß", was als Bodensatz übrigbleibt, weil es die Wirtschaft nicht haben will. Auch mit Quoten (Behindertenquote) läßt sich nicht alles erreichen, denn die Wirtschaft muß ja auch noch konkurrenzfähig bleiben und kann sich nicht unbegrenzt hinderliche Klötze ans Bein kleben. "Recht auf Arbeit" wäre deshalb leicht zu verknüpfen mit einer allgemeinen Arbeitspflicht a la sozialistische Diktatur, wo die Arbeitsunwilligen in mies bezahlte Zwangsarbeitsdienste gesteckt werden. Nicht so erfreulich, die Vorstellung, oder?
Gleicher Lohn (für gleiche Leistung - Frauenarbeit!!!), Freizeit (40- bzw. 35-Stunden-Woche?), Koalitionsfreiheit ? (wahrscheinlich sind damit die Gewerkschaften gemeint?) waren 1966 noch jedes für sich ein gewaltiges Politikum, da hat sich inzwischen sehr viel bewegt und ist noch viel in Arbeit, der Idealzustand ist zwar noch nicht erreicht, aber man nähert sich allmählich. (Siehe Thread "Geschlechtsmerkmale") Die Gewerkschaften allerdings haben im Vergleich zu früher, als "Arbeitskampf" oft wirklich noch mit Blut und Mord ausgetragen wurde, viel an Macht und Einfluß verloren, heutige Streiks wirken im Vergleich wie zahme Schoßhündchen.
"Recht auf soziale Sicherheit", auf den ersten Blick ein Gummi-Paragraph, in den man alles mögliche hineinprojizieren kann. Laut Wiki
https://de.wikipedia.org/wiki/Soziale_Sicherheit geht es da um die Sozialfürsorge in einem Staat, der sich selbst Sozialstaat nennen will, wie es unser Land tut, um Dinge wie Arbeitslosigkeit, Krankheit, Mutterschaft, Alter etc., für das es heute Versicherungen aller Art gibt und im Notfall Hartz. Auch 1966 noch nicht so normal, vor allem wenn man bedenkt daß die Paragraphen nicht nur für Deutschland gelten sollen, sondern übergreifend auch für andere Länder, wo es mit der Sozialfürsorge durch den Staat bis heute nicht so weit her ist (USA).
"Recht auf angemessenen Lebensstandard" - auch da wäre wieder der Staat in der Pflicht, und der wird bekanntlich nicht gern tätig, nur weil die Leute zu faul sind, sich ihren "Lebensstandard" selber zu verdienen, und zahlt deswegen nur das Minimale. Hartz reicht für Faulpelze völlig aus, wer mehr haben will an "Standard", muß schon selber tätig werden.
"Recht auf ein Höchstmaß an (...) Gesundheit" - gehört eigentlich zum Lebensstandard, was Medikamente, Hilfsmittel wie Brillen und Zahnersatz etc. angeht, denn Gesundheit läßt sich nicht diktieren oder per Gesetz erzwingen, auch nicht gegen den Staat, man kann die Leute ja nicht mal zu "gesundem" Lebenswandel zwingen, und längst nicht jeder per Natur erzeugte Krankheitszustand ist behandelbar.
Bei allem was behandelbar wäre sind die Kosten der Knackpunkt, denn manche Behandlungen kosten irrsinnig viel Geld, die locker in die tausende von Euro pro Monat gehen können.
Diesen "Höchstmaß" finanziert der Staat als ultimative Melkkuh garantiert nicht, da muß jeder einzelne sich schon selber an die Nase bzw. in den eigenen Geldbeutel langen. Es reicht schon, wenn der Staat bzw. ersatzweise die Krankenkassen für Normalleistungen aufkommen, ein "Höchstmaß" für jeden und alle wäre schlicht unbezahlbar.
Fazit: Unrealistisch.
"Recht auf Bildung": war früher, als Arbeiter- und Bauernkinder noch erheblich größere Probleme hatten als heute, höhere Schulen zu besuchen, ein wichtigeres Thema. Heute sind es eher Migrantenkinder oder die selten funzende Inklusionspolitik die Problemfelder, an denen der Staat gerade knabbert, und freiwillige Weiterbildung ist jederzeit und für jedermann möglich.
"Recht auf Freiheit des Kulturlebens": ist heute gewährleistet, 1966 noch nicht so sehr, als so manches als verboten-politisch gesehen wurde, was heute längst Teil des Mainstreams geworden ist (Rockmusik, Jeanshosen, 68er Bewegung und und, man denke auch an den "Blasphemie-Paragraph" und ans Kreuz genagelte Frösche, und an Ziegenficker-Gedichte, wo der Staat noch heute sagt, sowas geht denn doch nicht, nicht mal im Namen von Kunstfreiheit).
Die Zeiten ändern sich.